Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 72

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schaft, kurz „EU-Reformvertrag“ oder „Vertrag von Lissabon“  genannt, nicht durch­zu­führen.“

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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Aspöck, Strache und weiterer Abgeordneter betreffend Durchführung einer nationalen Volksabstimmung in Österreich über die Ratifizierung des Vertrages zur Änderung des Vertrages über die Europäische Union und des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft

eingebracht im Zuge der Debatte zum TOP 1 in der 41. Sitzung des Nationalrates am 5. Dezember 2007

Durch die Regierungsvorlage 314 d. B. soll Artikel 50 B-VG dahingehend geändert werden, daß künftig im Falle dessen, daß „ein Staatsvertrag seine vereinfachte Ände­rung“ vorsieht, solch eine Änderung nicht mehr der Genehmigung des National­rates bedarf.

Diese Änderung der österreichischen Bundesverfassung korrespondiert mit dem im sogenannten „EU-Reformvertrag“ vorgesehenen „vereinfachten Änderungsverfahren“ nach Art. 33 Abs. 6 des Vertrages über die Europäische Union (EUV).

Das „vereinfachte Änderungsverfahren“ wiederum kritisiert der Experte für öffentliches Recht, Prof. Karl Albrecht Schachtschneider, in seiner von der FPÖ in Auftrag gege­benen Expertise über die Notwendigkeit einer Volksabstimmung über den „EU-Reformvertrag“ auf das Schärfste wie folgt:

„Die Einrichtung des „vereinfachten Änderungsverfahrens“ durch Art. 33 Abs. 6 EUV ist eine ‚Gesamtänderung der Bundesverfassung‘ im Sinne des Art. 44 Abs. 3 B-VG, die „einer Abstimmung des gesamten Bundesvolkes zu unterziehen“ ist. Nach Art. 33 Abs. 6 EUV kann der Europäische Rat durch Beschluß nach  Anhörung des Europäischen Parlamentes und der Kommission sowie, bei institutionellen Änderungen im Währungs­bereich der Europäischen Zentralbank, auf Initiative der Regierung jedes Mitglied­staates, des Europäischen Parlaments und der Kommission einstimmig „die Änderung aller oder eines Teils der Bestimmungen des Dritten Teiles des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union“ beschließen. Dieser Dritte Teil umfaßt alle wichtigen Politiken der Union außer der Außen- und Sicherheitspolitik. Der Beschluß tritt zwar nach Unterabs. 2 S. 3 des Art. 33 Abs. 6 EUV ‚erst nach Zustimmung der Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften in Kraft‘, aber der Beschluß ist kein ‚politischer Staatsvertrag‘ im Sinne des Art. 50 B-VG [Anm.: Nach dessen derzeitiger Fassung, in seiner zukünftigen – wie oben dargelegt – ebenso wenig], welcher der Zustimmung des Nationalrates und gegebenenfalls des Bundesrates und der Ratifikation durch den Bundespräsidenten (Art. 65 Abs. 1 B-VG) bedarf. Die Gesetzgebungsorgane Österreichs müssen somit an dem Verfahren nicht beteiligt werden. An diesen Änderungen wirkt für Österreich, wie dargelegt, maßgeblich nur der Bundeskanzler mit, weil der Europäische Rat ein-stimmig entscheiden muß. Das vereinfachte Änderungsverfahren ist der Sache nach eine Diktaturverfassung, die kaum noch einen demokratischen Rest aufweist.“

Darüber hinaus würden durch ein Inkrafttreten des „EU-Reformvertrags“ grundlegende Bausteine unserer Bundes-Verfassung laut Schachtschneider geändert: So etwa durch eine Generalermächtigung zu Mittelbeschaffung nach Art. 269 Abs. 1 im Vertrag über die Arbeitsweise der Union (VAU), durch die „Flexibilitätsklausel“ des Art. 308 Abs. 1 VAU, durch die bundesstaatliche Zuständigkeit der Union, durch den Vorrang des


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