Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll41. Sitzung / Seite 88

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gesenkt. Wir haben bei den Mitgliedern eine Zustimmung mit besonders positiven Werten von 70 Prozent. Wir brauchen also eigentlich keine besondere verfassungs­rechtliche Erwähnung. (Beifall beim BZÖ. – Abg. Ing. Westenthaler: Dann streichen wir das doch!) – Herr Westenthaler, passen Sie auf, bis ich fertig bin, und lachen Sie dann!

Wenn man daher so etwas ins Auge fasst, dann muss das einen besonderen Hinter­grund haben. Und dieser Hintergrund war der Konvent. Der Konvent hat gearbeitet. Es gibt zwei Formen von Verfassung: Entweder habe ich eine Spielregelverfassung oder eine institutionelle Verfassung. Man hat sich für eine institutionelle Verfassungs­regelung und Klärung entschieden, und daher sind die Kammern beziehungsweise die Selbstverwaltungskörper, denn die Kammern sind ja gar nicht erwähnt, also in dem Sinne die Sozialpartnerschaft, entsprechend verfassungsmäßig vorgesehen.

Jetzt sage ich Ihnen auch noch etwas zu Ihrer Aufregung: Das ist bereits im Regie­rungsprogramm drinnen gestanden. Wahrscheinlich haben Sie es nicht gelesen. Wenn man nicht mehr dabei ist, liest man nicht alles so genau. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Deswegen ist es ja auch nicht besser!) Das ist also im Regierungs­programm gestanden und war ein Vorschlag des Konvents.

Jetzt zitiere ich Ihnen jemanden, der an sich auch wissenschaftlich ausgewiesen ist und dessen Haltung in Widerspruch steht zu der des Herrn Mayer oder wer auch immer da als Verfassungsrechtler zitiert wird, nämlich den Herrn Bundespräsidenten. Ich zitiere aus dem „Neuen Volksblatt“ vom vergangenen Freitag die Antwort auf die Frage: „Halten Sie die geplante Verankerung der Sozialpartner in der Verfassung für richtig?“

Ich zitiere: „Das trägt einer Realität Rechnung, auf die wir in Österreich stolz sind. Wenn man Verfassungspurist ist, wird man vielleicht jede Bestimmung, die über die Spielregeln staatlicher Willensbildung hinausgehen, ablehnen. Wenn man aber auch bestimmte Grundsatzpositionen in die Verfassung aufnimmt, gibt es keinen prinzi­piellen Einwand, warum man nicht auch diese Institutionen entsprechend ihrer gesell­schaftlichen Bedeutung in der Verfassung festschreiben soll und ihnen damit ein höheres Maß an Rechtssicherheit gibt.“ (Abg. Dr. Glawischnig-Piesczek: Warum dann nicht auch Greenpeace und die Caritas?)

Meine Damen und Herren, jetzt frage ich Sie: Was haben Sie für eine Angst, wenn damit eigentlich nur der Status quo bestätigt wird? Was haben Sie für eine Angst vor Rechtssicherheit, die jetzt festgeschrieben wird, vor Selbstverwaltungen, die festge­schrieben werden, vor Weisungsunabhängigkeit, die festgeschrieben wird?

Ich denke, dass ich die Angst durchaus entsprechend einordnen kann. Es gibt immer noch bestimmte Herren (Abg. Ing. Westenthaler: Claus Raidl!) – auf diesen Herrn werde ich noch zu sprechen kommen –, die heute noch meinen, dass die Pflicht­mitgliedschaft eigentlich nicht in unser Land gehört.

Dazu muss ich Ihnen sagen, wir leben in einem Rechtsstaat. Herr Dr. Fichtenbauer! (Abg. Dr. Fichtenbauer: Ja!) Schauen Sie sich einmal europäische Entscheidungen an! Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat im Urteil zum Fall Le Compte aus dem Jahr 1981 ausgesprochen, dass die obligatorische Mitgliedschaft bei Berufs­kam­mern konventionskonform ist. Das entspricht also der Europäischen Menschen­rechtskonvention.

Der EuGH hat im Jahr 1983 entschieden, dass die Rechtsvorschriften der Mitglied­staaten, die die Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer vorschreiben, als solche nicht unvereinbar mit dem Gemeinschaftsrecht sind. Der Verfassungs-


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