Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 112

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Enorme Preisanstiege bei bestimmten Grundnahrungsmitteln: Richtig! Das ist wichtig. Aber wir müssen auch die Frage untersuchen – da nehme ich Bezug auf Herrn Schüs­sel von vorhin –, inwieweit die sogenannten Biotreibstoffe – Agrodiesel, sage ich lie­ber – beigetragen haben zu diesem Anstieg von Preisen bei Grundnahrungsmitteln, insbesondere bei bestimmten Rohstoffen. Die Frage ist, ob das nicht eine Illusion ist – ich glaube, es ist eine Illusion –, worauf sich die Europäische Union und die USA, aber auch Österreich eingelassen haben, nämlich zu glauben, dass man die Situation bei Öl, Benzin und Diesel, diese Treibstoffsituation mit sogenannten Biotreibstoffen in den Griff bekommt. Das glaube ich nicht, und wir sehen jetzt schon, welche Folgen das bei der Versorgung mit Grundnahrungsmitteln hat. (Beifall bei den Grünen.)

Last but not least in diesem Zusammenhang: Pflege und Betreuung. Herr Westentha­ler, Sie reden in Ihrer Anfrage immer nur von der Pflege in privaten Haushalten, Sie meinen aber offensichtlich die Betreuung, nicht die medizinische Pflege. Sie reden von der 24-Stunden-Betreuung, und Sie reden hier von einem ganz schmalen – einem wichtigen, aber schmalen – Segment der Pflege- und Betreuungsfälle. Wir schätzen, es sind ungefähr 5 Prozent der Betroffenen, über die wir uns hier ständig echauffieren (Abg. Ing. Westenthaler: 15 000!) – wichtig, sehr wichtig, aber nur ein ganz kleiner Ausschnitt der Betroffenen in der medizinischen Pflege und der Betreuung zu Hause.

Zu diesem Punkt, Herr Westenthaler: Eines hat mich ja schon mit Zufriedenheit erfüllt, mit Einschränkung, aber immerhin. (Abg. Ing. Westenthaler: Nur nicht zu dick auftra­gen!) In Ihrer Anfrage kommt mit keinem Wort vor, dass wir es bei diesen sogenannten Amnestieregelungen, oder wie sie alle heißen mögen, mit ausländischen Pflegekräf­ten, Betreuungskräften zu tun haben, im Wesentlichen slowakische, tschechische, ru­mänische und ungarische. (Abg. Scheibner: Wo haben Sie das denn wieder her?) Ich erinnere nur daran, dass Sie noch im Wahlkampf 2006 300 000 Ausländer aus Öster­reich ausweisen wollten. (Abg. Ing. Westenthaler: Natürlich! Wenn sie sich hier illegal aufhalten!)

Es gab schon damals eine Diskussion über den Pflegenotstand in Österreich, den Bun­deskanzler Schüssel damals jedoch bestritten hat, was nicht unwesentlich zur Wahlnie­derlage der ÖVP im Jahr 2006 beigetragen hat. Und auf die ausdrückliche Frage an Sie, ob Sie auch die damals von den Medien kolportierte, und wie ich glaube, im Gro­ßen und Ganzen auch richtige Zahl von 40 000 Betreuungs- und Pflegekräften, die AusländerInnen sind, aus Österreich ausweisen wollen, Herr Westenthaler, haben Sie gesagt: Ja, natürlich! Klar! Illegale raus! – Das haben Sie gesagt. Ich hoffe, Sie haben inzwischen dazugelernt, dass es da um einen wesentlichen Sektor im Gesundheits­bereich geht (Beifall bei den Grünen), dessen Problematik mit solchen Parolen eben nicht gelöst werden kann. (Abg. Scheibner: Das sind EU-Ausländer!)

Abschließend noch zu den Vorkommnissen in Graz und zu Herrn Strache: Es ist ganz klar, dass hier ein Versuch der Brandstiftung Ihrer Parteikollegin Winter vorliegt. Sie versucht ganz absichtlich und bewusst, den Religionsfrieden in Österreich zu sabo­tieren, zu Fall zu bringen. Sie versuchen ganz bewusst, Feindbilder aufzubauen, Hass­objekte für verängstigte, irregeleitete Menschen aufzubauen – und anschließend, wenn Sie das geschafft haben, wenn irgendetwas passiert, stilisieren Sie sich dann selbst zum Opfer. Das ist so eindeutig wie nur irgendetwas, und es ist, finde ich, unsäglich dumm einerseits und gefährlich andererseits.

Ich frage mich: Wo wird das aufhören? Mit welcher Provokation werden wir demnächst zu rechnen haben? Ich muss Ihnen ehrlich sagen: Wenn ich Muslim wäre – was ich ja bekanntlich nicht bin –, würde ich mich weigern, mich mit jemandem wie Ihnen oder mit Frau Winter zusammenzusetzen, um den sogenannten kritischen Dialog zu füh­ren. – Ja, wir müssen diesen Dialog führen, zwischen den Religionen, zwischen den verschiedenen Organisationen, über die Rolle der Frauen, über die Erziehung der Kin-


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