Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 94

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Folgendes sollte Ihnen diese Debatte der letzten Woche schon gelehrt oder zumindest gezeigt haben: Alle Verfassungsjuristen – bis hin zu Dr. Kostelka, Volksanwalt – sind der Meinung, dass so ein Verfassungsgesetz echt eine Sünde ist, wenn Sie jetzt, nachdem Sie gerade zum Jahreswechsel in einer Huschpfusch-Aktion eine soge­nannte „Verfassungsbereinigung“ gemacht haben, das machen. – Noch dazu, wo Sie damals gesagt haben: Wir hören jetzt auf mit dieser Praxis, etwas mit Zweidrittel­mehrheit sozusagen in die verfassungsmäßige Immunität zu stellen, wo das nicht notwendig ist. Und zack, zwei Monate später passiert es zum ersten Mal wieder, dass etwas mit einer Verfassungsbestimmung ausgestattet wird, wo es nicht sinnvoll ist, das zu tun. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Bundes­minister Dr. Buchinger: Warum nicht?)

Warum nicht?! Herr Bundesminister, ich hoffe doch, dass die Debatte im Ausschuss Ihnen das gezeigt hat, denn der Verfassungsjurist, der dort anwesend war, nämlich Herr Professor Öhlinger, hat ja gesagt, dass selbst die Zweidrittelmehrheit, mit der Sie jetzt dieses Pflegegesetz, dieses Pflege- und  Betreuungs-Übergangs­verfassungs­gesetz oder Pflege-Verfassungsgesetz, wie immer Sie es nennen wollen, beschließen, nicht unter allen Umständen davor schützt, dass der Verfassungsgerichtshof diese Verfassungsbestimmungen, wie er das schon einmal gemacht hat, aufheben könnte. Das, Herr Bundesminister, sollte Ihnen schon zu denken geben. – Das ist der eine Punkt.

Öhlinger sagt also ganz klar: Selbst dann, wenn bestimmte Bestimmungen durch den Gesetzgeber in den Verfassungsrang gehoben werden, kann unter bestimmten Vor­aus­setzungen, die Öhlinger bei diesem Gesetz nicht ausschließen will, der Verfas­sungsgerichtshof sagen, dass das nicht der Verfassung entspricht. Und da kann sogar Ihre Zweidrittelmehrheit nicht davor schützen. – Das ist das eine.

Das Zweite, wo wir uns alle einig waren, inklusive Regierungsparteien: dass selbst­verständlich diese Bestimmungen, auch wenn Sie insgesamt den Anschein geben wollen, dass damit ein maximaler Schutz erreicht werden kann, nicht davor schützen, dass Betroffene – in diesem Fall Pflegerinnen oder Betreuerinnen – ihre Ansprüche zivilrechtlich geltend machen können. Zivilrechtlich können sie das jederzeit geltend machen; da hilft Ihnen eine Verfassungsbestimmung – Gott sei Dank! – auch nicht drüber hinweg. Gott sei Dank, muss man sagen, denn das wäre wirklich das Schlimmste, wenn Sie sagen würden: Wir machen eine Verfassungsbestimmung, auch was die arbeitsrechtlichen Verhältnisse anlangt – was Sie ja offensichtlich gleichfalls überlegt haben –, und dann können die Leute überhaupt nichts mehr einklagen! – Aber okay, lassen wir das.

Herr Bundesminister Buchinger, Sie haben das vorhin so schön gesagt: Schauen wir uns nicht diesen Entstehungsprozess und die Aufregungen an, sondern schauen wir uns das Ergebnis an! – Ich sage Ihnen, Herr Bundesminister: Wir halten jetzt zum dritten Mal innerhalb eines Jahres bei einer Änderung dieses Gesetzeswerkes rund um die 24-Stunden-Betreuung – und da behaupten Sie, es sei Sicherheit gegeben?!

Im Ausschuss haben die Experten gesagt, die nächsten Änderungen brauchen wir, und diese sind ja auch schon von Ihnen angekündigt worden. Und die übernächsten Ände­rungen kann ich Ihnen auch schon nennen: Sie sind dann notwendig, wenn nach den Wahlen – das haben Sie jetzt selbst schon gesagt – einzelne Bundesländer wieder ihre Bereitschaft erklären, über eine gemeinsame Regelung bei Vermögensgrenzen beziehungsweise bei den Zuschüssen möglicherweise auch weiterzureden. Dann haben wir die fünfte Änderung.

Und da sagen Sie den Betroffenen, es ist Sicherheit gegeben, wenn sich alle zwei, drei, vier Monate etwas ändert?! – Ich sage ja nicht, dass Sie schuld sind, Herr


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