Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll46. Sitzung / Seite 102

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Dass das Ganze, der gesamte Pflegebereich eine gewisse Problematik aufweist, das ist mir als Sozialpolitiker sehr stark bewusst. Wir alle, die wir in diesem Bereich tätig sind, von allen Fraktionen im Hohen Haus, die wir in den vergangenen Jahren auch gemeinsam gewisse Enqueten dazu veranstaltet und dort darüber diskutiert haben, wissen, dass die Anzahl der ständig auf Pflege Angewiesenen in Zukunft ansteigen wird. 80 Prozent der zu Pflegenden werden zuhause gepflegt. Die Bevölkerungs­struktur hat sich dementsprechend geändert. Es sind natürlich auch sehr, sehr viele Frauen nicht mehr zuhause, um nur den Haushalt zu führen, sondern sie sind berufstätig. Das ist in der heutigen Zeit ganz normal. Auch die räumliche Entfernung von Wohnung zu Wohnung erschwert das Ganze natürlich.

Schon seit Jahren wissen wir auch, dass wir in Zukunft für den Pflegebereich mehr Geld in die Hand nehmen werden müssen. Wir haben in unserer Zeit, als wir dafür verantwortlich waren, ständig darauf hingewiesen, dass es zu einer Erhöhung des Pflegegeldes kommen muss. Es war ein sozialpolitischer Meilenstein, als wir das im Jahr 1993 eingeführt haben. Wir sind dafür, dass das endlich einmal valorisiert wird, Herr Bundesminister! Wir hinken ja hintennach! Es müssen vor allem die pflegenden Angehörigen und die zu Pflegenden unterstützt werden. Da führt kein Weg daran vorbei! (Beifall beim BZÖ.)

Jetzt wird herumgedoktert, es gibt für selbständige und unselbständige Pflege unter­schiedliche Förderungsmöglichkeiten, eine Amnestie für illegale Pfleger, die von einem Datum auf das nächste verschoben und dann wieder verlängert wird. Und der eine wirft dem anderen vor: Na ja, weil die Amnestie verlängert worden ist, deswegen wird die Förderung nicht angenommen. Der andere entgegnet, dass die Förderung im Bereich der selbständigen Pflege zu gering ist und sie deshalb nicht angenommen wird. An beidem wird sicher irgendetwas Wahres dran sein. Tatsächlich ist es aber so, dass wir alle gemeinsam an einem Modell arbeiten sollten, damit schlussendlich für alle Pflegebedürftigen etwas Vernünftiges herauskommt.

Beim derzeitigen Pflegemodell, Herr Bundesminister für Soziales und Konsumenten­schutz, ist eigentlich noch sehr vieles unklar. Vieles von dem, was die Betroffenen bräuchten, wird von der Reform gar nicht oder nicht unmittelbar erfasst. Die Verfas­sungsrechtler zeigen auch auf, dass es bei selbständiger und unselbständiger Pflege unterschiedliche Förderungen gibt, unterschiedliche Belastungen für die Förderungs­bezieher und auch unterschiedliche Vermögensgrenzen Ich bin überhaupt dafür, dass diese Vermögensgrenze abgeschafft wird. Es gibt ja zwei Bundesländer, Nieder­öster­reich und Vorarlberg, die diese nicht akzeptieren werden. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Kainz und Rädler.) Das finde ich ausgezeichnet, aber das sollte auf ganz Österreich ausgedehnt werden. (Abg. Dr. Graf: Wie steht es mit Kärnten?)

Außerdem sollte das Ganze österreichweit gleich geregelt werden. (Abg. Dr. Graf: Wie ist das in Kärnten? In Kärnten müsste man das einmal durchsetzen!) Und auch die arbeitsrechtlichen Bestimmungen, Herr Sozialminister, haben eine Reihe von Schwachpunkten: Eine klare Definition der Tätigkeit beim Selbständigen-Modell, also die Befugnisse von Betreuungspersonen und mögliche Regressforderungen gegen­über Angehörigen stehen weiterhin im Raum. Es bleibt ein Flickwerk übrig, das unaus­gegoren ist.

Jetzt wollen Sie dieses Flickwerk auch noch in den Verfassungsrang erheben. Mit der Zweidrittelmehrheit können Sie hier natürlich alles machen, aber es ist eben ganz einfach so: Sie fallen in den parteipolitischen Proporz zurück, in den rot-schwarzen Proporz, und mit der Zweidrittelmehrheit werden Sie das jetzt ganz einfach durch­ziehen und damit eigentlich den Parlamentarismus tot machen. Kein Gerichtshof kann dagegen ankämpfen und das Parlament auch nicht.

 


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