Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll47. Sitzung / Seite 174

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16.52.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister! Herr Bundeskanzler, es freut mich, dass Sie auch hier sind, aber ich glaube, Sie sind eher schon für den nächsten Tagesordnungspunkt gerüstet. Trotz­dem. (Bundeskanzler Dr. Gusenbauer: Haben Sie wieder Sehnsucht gehabt?) – Ich habe Sehnsucht gehabt. Ich möchte ja die Pensionsdebatte von gestern noch weiter­führen und hoffe, dass sie noch nicht zu Ende ist mit Ihrer Ankündigung von gestern.

Aber jetzt zu dem Thema des Dringlichen Antrages. – Glauben Sie mir oder uns, oder glauben Sie es auch nicht: Jedenfalls ist es sicher so, dass wir die Probleme, die es im Zusammenleben zwischen In- und Ausländern gibt, auch weiblich: Ausländerinnen, nicht leugnen wollen. (Ruf: Immer schön gendern! – Abg. Heinisch-Hosek: Hören Sie auf mit diesen Gender-G’schichterln! – Abg. Ing. Westenthaler: Wir dürfen aber schon noch was sagen?!)

Es gibt diese Probleme, nur: Mit welchem Ansatz und mit welcher Perspektive geht man an die Probleme heran? Wen macht man verantwortlich? Wen ernennt man zum Sündenbock? Das ist der Punkt. Solang wir auf dieser Ebene diskutieren müssen, weil bestimmte Gruppen, politische Gruppen, immer gerne AusländerInnen zu Sündenbö­cken erklären, erklären müssen, weil sie politisch gar nichts anderes auf die Bühne bringen können, so lange ist es schwierig, tatsächlich eine Debatte, einen Diskurs darüber zu führen. (Beifall bei den Grünen.)

Ich nenne Ihnen zwei Beispiele, meine sehr geehrten Damen und Herren. Das eine: das Schulproblem. Sie sagen, mehr als 30 Prozent AusländerInnen in Schulen sollten nicht sein. (Abg. Ing. Westenthaler: ... sind es 90!) – Herr Kollege, Sie brauchen mich nicht zu belehren mit den 90! Ich habe auch das gehört, und das ist mein nächstes Bei­spiel.

Meine ältere Tochter ist in eine öffentliche Schule gegangen, in eine Volksschule im 2. Wiener Gemeindebezirk. Das ist jetzt schon einige Jahre her, aber dort gab es da­mals schon 90 Prozent Anteil an ausländischen Kindern beziehungsweise Kindern mit Migrationshintergrund. (Abg. Strache: Deshalb haben Sie sie nachher in die Privat­schule gegeben, oder?)

Ich sage Ihnen: Am schulischen Erfolg meiner Tochter könnten Sie ermessen, dass ihr das mit Sicherheit nicht geschadet hat! Nur, der Unterschied von damals zu jetzt (Abg. Strache: Deshalb haben Sie sie nachher in die Privatschule gegeben!) – hören Sie mir zu! – ist, es gab damals eine Stütz- oder Integrationslehrerin für diese Schüler mit Migrationshintergrund, und wie es so üblich war und ist im 2. Bezirk, kamen die Kinder nicht nur aus einer Ethnie oder aus einem Herkunftsland, sondern aus 10, 15 verschie­denen Ländern, und trotzdem war es möglich! Das war eine phantastische Leistung natürlich auch von den LehrerInnen, überhaupt keine Frage, aber auch von den Eltern, die die Kinder begleitet haben. (Abg. Ing. Westenthaler: Die StützlehrerInnen haben zehn Sprachen können?) Trotzdem war es möglich, dass sich die österreichischen Kin­der genauso gut entwickeln konnten wie ein Gutteil der Kinder mit Migrationshinter­grund, weil es damals im schulischen Bereich – Kollege Neugebauer hört jetzt weg, aber er sollte genau da zuhören! – noch Integrations- und Stützlehrer für Integration gegeben hat, die es jetzt nicht mehr gibt. Reden wir auf dieser Ebene, aber reden wir nicht auf der Ebene 30 Prozent oder 90 Prozent! Das bringt überhaupt nichts, Herr Kollege Westenthaler!

Zweiter Punkt: Wie ernst nehmen wir das, was in Graz vorgefallen ist? Es ist viel dis­kutiert worden über Frau Winter und ihren unsäglichen Islam-Vergleich. Aber noch schlimmer, Herr Kollege Strache – Sie haben es sogar einmal angedeutet, aber nur zart, nicht wirklich distanzierend –, war das, was ihr Sohn, der junge Herr Winter, ge-


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