Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 46

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

ich ihm das Wort erteile, warten wir auf das Eintreffen des Herrn Innenministers. Ich unterbreche bis zu diesem Zeitpunkt die Sitzung noch einmal für kurze Zeit.

(Die Sitzung wird für kurze Zeit unterbrochen.)

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Da nun auch der Herr Innenminister anwesend ist, darf ich Herrn Klubobmann Dr. Van der Bellen zur Begründung der Anfrage das Wort erteilen. 20 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


13.17.39

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Die Zuhöre­rinnen und Zuhörer bitte ich um Entschuldigung für die kurze Verzögerung, aber wie Sie bemerken konnten, lag das an der vorübergehenden Abwesenheit des Innenminis­ters.

Meine Damen und Herren! Das Vertrauen der Bevölkerung in das Innenministerium, in die Arbeit der Polizei ist in den letzten Wochen und Monaten auf das Schwerste er­schüttert worden. Es besteht der dringende Verdacht auf Machtmissbrauch durch ÖVP-Innenminister, nicht zuletzt aber durch Personen im engsten Umfeld verschie­dener ÖVP-Innenminister, nämlich in den sogenannten Ministerbüros oder Kabinetten der Minister. Es ist zum Teil gar nicht klar, ob diese Personen in den Ministerbüros auf Weisung des Ministers gehandelt haben oder ob sie selbst aus eigener Machtvollkom­menheit heraus Dinge getan haben, die den Eindruck nahelegen, dass das Innenminis­terium während vieler Jahre als eine Art Selbstbedienungsladen der ÖVP angesehen wurde.

Meine Damen und Herren, dieser dringende Verdacht auf schweren Machtmissbrauch, auf politischen Machtmissbrauch im Innenministerium kann nicht durch Leugnen, Ver­tuschen, Wegdrücken, Ignorieren beseitigt werden, sondern dieser Verdacht kann nur durch Aufklärung auf allen Ebenen beseitigt werden! (Beifall bei Grünen und FPÖ.)

Seit Wochen beschäftigen uns diese Affären – mittlerweile muss man den Plural ge­brauchen –, seit nämlich der ehemalige Chef des Bundeskriminalamtes, Herr Dr. Hai­dinger, durch seine Aussagen über das Verhalten der Verantwortlichen in den Minister­büros und der Minister in der Vergangenheit und darüber, was in den letzten Monaten passiert ist, die Lawine ins Rollen gebracht hat. Diese Äußerungen, diese Aussagen haben wie eine Bombe im politischen Österreich eingeschlagen, kann man sagen. (Zwischenruf bei der ÖVP.) Seither vergeht kaum ein Tag, an dem nicht neue aufklä­rungsbedürftige Sachverhalte das Licht des Tages erblicken, Herr Kollege von der ÖVP. (Beifall bei den Grünen.)

Allein heute sind die Tageszeitungen voll von Berichten. Das Wochenmagazin „profil“, das schon gestern erschienen ist, bringt eine lange, ausführliche Dokumentation über den Mail-Verkehr zwischen Innenminister Strasser und seinem Ministerbüro und ande­ren ÖVP-Politikern. Dieser Mail-Verkehr – woher auch immer „profil“ das hat – spricht Bände über das Verhalten von Innenminister Strasser bei der Postenbesetzung im In­nenministerium, bei der Polizei und bei der damaligen Gendarmerie. Wo immer es im Land Österreich etwas zu besetzen galt, wo immer es darum gegangen ist, einen Ro­ten oder Parteilosen auszubooten oder nicht zum Zug kommen zu lassen, Innenminis­ter Strasser und sein Ministerbüro waren zur Stelle – nach dem Motto: Wer ist einer von uns und wer ist einer von denen?

Das ist ein Krebsgeschwür in der österreichischen Politik, diese Fragerei, die natürlich nicht nur im Innenministerium, aber dort in besonderer Schärfe und Eindringlichkeit,


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite