Chef der RWE: Wenn „Nabucco“ einmal da ist, dann wird auch das Gas für die Befüllung und für den Transport nach Europa da sein.
Aus heutiger Sicht am vielversprechendsten ist jetzt einmal eine 10 Milliarden Kubikmeter-Supply-Vereinbarung mit den Aseris, mit Baku, letztlich mit den Betreibern der Gasfelder im Kaspischen Raum, im Süden der Kaspischen See. Mittelfristig, und das war ja auch Zweck einer Reise von mir nach Zentralasien, geht es auch um Gas aus Turkmenistan, um Gas aus Kasachstan. Und wenn dereinst einmal die politischen Fragenstellungen mit dem Iran bereinigt sein werden, wenn die kritische Frage der Nuklearanreicherung bereinigt sein wird, dann ist natürlich auch iranisches Gas etwas, was durch diese Pipeline nach Europa gepumpt werden kann.
Sie haben völlig recht: 30 Milliarden Kubikmeter sind nur ein relativ kleiner Teil des Gesamtbedarfs der Europäischen Union, aber ich bitte Sie, auch weiter zu denken. Alle Prognosen sagen: Der Gasbedarf der Europäischen Union wird in den nächsten Jahren, bis 2020, 2030, um 200 bis 300 Milliarden Kubikmeter anwachsen, unter anderem auch deswegen, weil die europäische Gasförderung zurückgehen wird. Das betrifft zum Beispiel Gas aus der Nordsee.
So gesehen sind also diese 30 Milliarden Kubikmeter, wenn man so will, gerade einmal 10 Prozent des Zusatzbedarfs der Europäischen Union in den nächsten 20 bis 30 Jahren. Darum geht es! Und ich habe mich auch immer dagegen ausgesprochen, „Nabucco“ gegen russische Projekte à la „Northstream“ und „Southstream“ auszuspielen.
Lassen Sie mich festhalten: „Nabucco“ ist zweifelsfrei das Pipelineprojekt, das von allen drei Projekten am weitesten fortgeschritten ist. Herr Schröder und andere in allen Ehren, aber das ist am weitesten fortgeschritten. Es ist in Sachen „Southstream“ auch überhaupt nicht geklärt, ob man durch das Schwarze Meer durchkommt, und wenn ja, zu welchen Kosten. Es werden erhebliche Kosten sein. Wenn aber „Southstream“ einmal da ist, dann spricht überhaupt nichts dagegen, dass man auch Gas über „Southstream“ und dann über „Nabucco“ nach Mitteleuropa bekommt. Warum denn nicht? Das sind flexible Dinge, da ist ja nichts in Stein gemeißelt, da ist ja nichts zugesperrt, sondern das sollen ja offene Märkte und offene Pipelines sein, je nachdem, wie wir das brauchen.
Aus heutiger Sicht ist Russland auch deutlich weniger distanziert gegenüber „Nabucco“. Das wird schön langsam akzeptiert. Richtig ist: Prinzipiell will man natürlich in Moskau und anderswo eine Umgehung russischen Territoriums vermeiden, und eine Umgehung ist es natürlich, wenn das Gas aus dem kaspischen Raum nicht über Russland, sondern über die Türkei, über Bulgarien, Rumänien und so weiter nach Mitteleuropa gepumpt wird und strömt.
Völlig neu für mich ist – das müssten Sie mir einmal erklären, Herr Kollege –, wieso Österreich und die Steuerzahler dann irgendwelche Zertifikate in Höhe von 1,1 Milliarden € bezahlen müssten. Ich habe das mitgeschrieben. Das ist frei erfunden und überhaupt nicht Gegenstand sachlicher Überlegungen. Wir würden, wenn wir unsere CO2-Reduktionsverpflichtungen nicht erfüllen, für die Differenz dann unter Umständen etwas bezahlen, Zertifikate kaufen müssen, aber da geht es doch darum, dass dereinst 30 Milliarden Kubikmeter Gas über „Nabucco“ nach Mitteleuropa gepumpt werden sollen und dann über diesen zentralen Gas Hub Baumgarten in Europa und in Mitteleuropa verteilt werden, zum Beispiel nach Deutschland, zum Beispiel nach Frankreich und sonst wohin. – Also von hoher Sachkenntnis, entschuldigen Sie diese Kritik, hat diese Anmerkung und Ihr Beitrag aus meiner Sicht nicht wirklich gezeugt. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)
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