Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll56. Sitzung / Seite 88

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12.49.08

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident, bevor ich jetzt auf die Tagesordnung eingehe: Ich glaube, Sie haben jetzt wieder deutlich gesehen, wie notwendig es ist, dass der Plenarsaal endlich umgebaut wird (Beifall bei den Grünen), und dass wir Barrierefreiheit brauchen, und zwar Barrierefreiheit überall hier in diesem Hohen Haus. (Zwischenrufe der Abgeordneten Großruck und Prinz.)

Ich ersuche Sie, Herr Präsident, das nicht länger zu verzögern, sondern zuzustimmen, damit dieses Haus barrierefrei wird, denn Sie müssen damit rechnen, dass in Zukunft nicht nur zwei RollstuhlfahrerInnen im Haus sind, sondern unter Umständen viel, viel mehr Menschen mit Behinderungen. (Abg. Großruck: Das ist ja eh schon vereinbart!) Und da muss auch das Parlament bereit sein, auf die verschiedenen Formen von Behinderungen ohne Kompromiss einzugehen und die Gleichstellung auch umzu­setzen. (Abg. Großruck: Frau Haidlmayr, das ist ja ...!) – Das nur zum Thema Plenarsaal, jetzt möchte ich auf den eigentlichen Tagesordnungspunkt zu sprechen kommen.

Herr Minister, Sie werden es nicht glauben, wir stimmen zu – ich habe Ihnen das auch schon im Vorfeld gesagt –, nämlich deshalb, weil es zumindest ein Schritt in die richtige Richtung ist, da sowohl das Behindertengleichstellungsgesetz als auch das Behinderteneinstellungsgesetz einige wenige positive Veränderungen erfahren.

Zum Beispiel finden wir es gut und wichtig, dass jetzt die diskriminierenden Begriffe beseitigt wurden, dass wir Menschen mit Behinderungen nicht mehr Menschen mit Gebrechen sind, sondern als „Menschen mit Behinderungen“ bezeichnet werden – was wir ja auch sind –, und dass es, und das finde ich so wichtig, in dieser Regie­rungsvorlage auch gelungen ist, Diskriminierung auf die subjektive Empfindung einer Person abzustellen: Was für den einen okay ist, kann für den anderen eine schwere Diskriminierung sein. Diese Gesetzesänderung stellt darauf ab, und das finde ich wichtig und gut. Ich finde es auch wichtig und gut, dass Sie den Schadenersatz bei Belästigung von 400 € auf 720 € erhöhen. – Das wird zwar die Welt nicht verändern, aber ein bisschen etwas ist es auch.

Aber damit Sie jetzt nicht glauben, vor lauter Lob nichts mehr tun zu müssen, muss ich Ihnen natürlich auch noch sagen, welche wesentlichen Punkte uns fehlen: Herr Minister! Wir haben, glaube ich, seit Inkrafttreten des Behindertengleich­stellungsgeset­zes darauf aufmerksam gemacht, dass dies ein Gesetz ist, das relativ zahnlos ist und große Lücken hat, und diese Lücken sind bis heute nicht geschlossen. Herr Minister! Ich möchte nur auf ein paar aufmerksam machen, die wesentlich sind, damit es nicht nur eine Evaluierung des Behindertengleichstellungsgesetzes gibt, sondern eine Novellierung, denn das ist etwas ganz anderes, und wir brauchen eine Novellierung.

Zum Beispiel brauchen wir im Behindertengleichstellungsgesetz eine Beweislastum­kehr: dass nicht ich beweisen muss, dass ich diskriminiert wurde, sondern dass der oder die andere beweisen muss, dass er/sie mich nicht diskriminieren wollte. – Das ist ein anderes Rechtsinstrument, das Menschen mit Behinderungen brauchen und für das wir kämpfen. Herr Minister! Wir hoffen, dass wir zumindest nächstes Jahr ein Gesetz verabschieden können, das diese Beweislastumkehr sicherstellt.

Herr Minister, wir brauchen auch Verfahrenserleichterungen und Streitwertbegren­zun­gen! Denn wenn heute jemand eine Schlichtung hat und diese Schlichtung negativ ausgeht, dann hat er die Möglichkeit zu klagen, aber wer traut sich das schon an­gesichts der Tatsache, dass eine Klage erstens irrsinnig schwierig ist und dass es zweitens keine Streitwertbegrenzung gibt? Trauen Sie sich, wenn ich so in die Runde


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