Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll61. Sitzung / Seite 264

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20.29.31

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Das Thema ist zu schwierig und zu ernst, als dass man es in zwei oder weniger Minuten abhandeln könnte. Wir sollten aber schon die Aufmerksamkeit darauf lenken, dass Sterben von vielen nach wie vor als elementare Bedrohung empfunden wird. Abschied nehmen fällt uns schon als Lebende schwer unter Lebenden, und endgültig Abschied zu nehmen nochmals viel schwerer, nicht nur uns, sondern auch unserer Umgebung, unseren Angehörigen. Und da irgendwo fängt der Fisch schon an zu stinken – ist ja egal, wo.

Es ist in den letzten Jahren viel geschehen, vorwiegend durch Hilfe karitativer Ein­richtungen, unterschiedlicher NGOs und verschiedener Kirchen, etwas auch im öffentlichen Bereich. Trotzdem halte ich es für einen ungeheuren Skandal, dass es nicht nur dort eine Zwei-Klassen-Medizin gibt, wo wir noch fit, frisch und nur krank sind, sondern vielmehr auch im Sterben.

Es ist ein unheimlicher Skandal, dass die – das ist kein guter Ausdruck – Qualität oder die Humanität und auch die Leistbarkeit eines humanen Sterbens von einem Meldezettel abhängt. Das ist ungeheuerlich, dass man bei Sterbenden so tut, als seien sie gesund. Wenn sie zu Hause sterben wollen – was die meisten möchten –, wenn sie in einem Hospiz sterben wollen, das nicht in ein Krankenhaus eingegliedert ist, sind sie Gegenstand der Kompetenz des Sozialwesens. Und viele Anträge um soziale Hilfe, auch die sogenannte Familienhospizkarenz, werden erst beantwortet, wenn die Antrag­steller tot sind. Ein erklecklicher Teil! Das halte ich für einen Skandal.

Ich halte es für einen Skandal, wenn man in nicht unbeträchtlichem Ausmaß Selbst­behalte hat, die nur gedämpft werden, weil die Sternsinger durch die Lande ziehen. Wo sind wir, frage ich mich, in Österreich. Da muss etwas geschehen.

Es widerspricht jedem Gleichheitsgrundsatz, dass Angehörige auch noch zahlen müssen oder um Regress gebeten werden, abhängig vom Bundesland, in dem sie geboren sind.

Daher habe ich vor Jahren – das war im Jahr 2003 – eine Arbeitsgruppe zwischen Bund und Ländern beantragt, um diesem föderalen Kompetenzwirrwarr zu entgehen oder ihn zumindest etwas zu glätten. Zirka – ich muss gerade nachschauen – nach einem Jahr – es war im September 2003 – nach langem Kampf wurde daraus im Dezember 2004 ein All-Parteien-Entschließungsantrag. Das ist schön und gut. Dann, im nächsten Jahr kam es sozusagen ins Laufen, besser müsste man sagen, auf eine Kriechspur. Und man schrieb den Mai 2005, als sich die Arbeitsgruppe konstituierte. Die war fertig im Juni 2006, am 6. Juni, also vor zwei Jahren.

Offiziell habe ich erst im letzten Ausschuss dieses Papier oder einen Teil des Papiers – die Zusammenfassung – gesehen. Vorher war es weder vom ÖBIG noch vom Minis­terium zu bekommen, allerdings hatte ich vor wenigen Monaten eine Unterredung, in der mir über Inhalte erzählt wurde. Und ich frage mich: Warum diese Geheimhaltung? Warum mangelndes Vertrauen? Oder hätte es dazu einer ganz anderen politischen Vertraulichkeit bedurft?

Einen Verdacht habe ich schon. Die haben ganz gut gearbeitet, einen Soll-Stand, einen Ist-Stand erhoben. Da ist schon einiges da, aber das Resümee lese ich Ihnen jetzt vor, das Resümee einer ein Jahr lang tagender Arbeitsgruppe – ich zitiere –: Langfristige Finanzierung der abgestuften Hospiz- und Palliativversorgung muss gesichert werden, ist auf politischer Ebene zwischen allen Financiers zu behandeln. –Das habe ich gewusst, bevor ich das beantragt habe. Dann weiters – ich zitiere –: Weitere Schritte zur Implementierung in Abstimmung zwischen Gesundheits- und Sozialbereich. – Ja Himmel, Herrgott! Das ist ja eine absolute Nullmeldung.

 


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