Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll65. Sitzung / Seite 60

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Haus und auch vor den Bildschirmen! Zuerst einmal zu meinem Vorredner, Herrn Kol­legen Mitterlehner: Es war schon eine gemeinsame Regierung von SPÖ und ÖVP, die in den letzten eineinhalb Jahren dieses Land regiert und in der Europa-Politik nicht wirklich viel weitergebracht hat, gerade auch im sozialen Bereich. Es war also nicht nur die SPÖ, da gehören schon Sie beide dazu. – Das sei nur in Ihre Richtung als kleine Korrektur angemerkt.

Ich finde es schon sehr erstaunlich, dass Bundeskanzler Gusenbauer, der diesen Schwenk, diese 180-Grad-Wendung der Sozialdemokratischen Partei Österreichs zu einer Anti-EU-Linie initiiert hat, heute nicht hier sitzt, sondern alle möglichen Vertrete­rinnen und Vertreter schickt und sich selbst hier nicht verteidigt. Das finde ich sehr bedauerlich, aber es entspricht anscheinend genau diesem Bild, das die SPÖ in den letzten Tagen vermittelt hat: Sie wollen ja gar nicht mehr regieren!

Und zu Kollegin Grossmann: Sie haben zuerst gemeint, die SPÖ sei eine überzeugte Europa-Partei. – Ich glaube, Ihr großer früherer Vorsitzender, an dem sich auch Gu­senbauer orientiert hat, namens Kreisky, würde sich im Grabe umdrehen angesichts dessen, was Ihre Partei da in den letzten Tagen vollzogen hat, nämlich diesen Kniefall vor einem Boulevardmagazin – und zwar genau vor jener Zeitung, die dazu beigetra­gen hat, dass diese Negativstimmung in Österreich gegenüber der Europäischen Uni­on in den letzten Wochen und Monaten so gestiegen ist! (Beifall bei Abgeordneten der Grünen sowie des Abg. Morak.)

Nun gibt es natürlich vieles an dieser Europäischen Union, was auch uns nicht gefällt, was vielen Menschen nicht gefällt. Es ist klar, dass das Vertrauen in die Europäische Union, aber auch in die Politik insgesamt, die Politik auf der nationalen Ebene und die auf der europäischen Ebene, in den letzten Wochen und Monaten sehr gelitten hat. Das hat auch damit zu tun, dass Regierungen wie diese nicht dazu beigetragen haben, der Bevölkerung tatsächlich zu erklären, dass in diesem Lissabon-Vertrag sehr viele positive Elemente enthalten waren: etwa mehr Demokratie, auch für dieses Parlament hier. Das habe ich noch von niemandem von Ihnen gehört! Genau dieses Parlament hier hätte mehr Rechte, das Europa-Parlament hätte mehr Rechte, der Vertrag enthielt eine Grundrechte-Charta, solche ganz grundlegenden Dinge! – Sie haben immer nur gemeint, na ja, man hätte es den Leuten in verstärktem Ausmaß erklären müssen. – Erklären alleine reicht nicht. Es hat mit Politik zu tun: Es ist notwendig, um Vertrauen wiederzugewinnen, tatsächlich auch Maßnahmen zu setzen!

Weil Sie erwähnt haben, dass die SPÖ eine Spekulationssteuer vorgeschlagen hat: Na, „wunderbar“. Wissen Sie, was Sie – diese Bundesregierung hier in Österreich, Sie hier in diesem Parlament – hätten tun können? – Zustimmen, dass es ein Vorberei­tungsgesetz gibt für eine Finanztransaktionssteuer – à la Tobin Tax, das ist vielleicht besser bekannt –, bei der es darum geht, dass Spekulationen so besteuert werden, dass jene im Risikobereich nicht mehr rentabel sind. Das hätten wir hier in Österreich machen können! (Beifall bei den Grünen.)

Unseren Antrag dazu gab es schon vor langer Zeit. – Aber: Nein, das wollen wir nicht! Die EU soll tun. – Die EU sind wir, meine Damen und Herren! Das ist auch diese Regierung, die hier gesessen ist! Und Sie haben diese Aktionen dort nicht gesetzt. Sie haben sich auch keine Verbündeten gesucht im Kampf gegen die Atom-Lobby, die jetzt wieder stark wird. (Abg. Strache: Sie haben ja auch für die Verdoppelung der Atom­meiler gestimmt in diesem Verfassungsvertrag!) Da haben wir immer nur gehört: Wir sind eh gegen Atomkraft, aber wir können uns halt leider nicht durchsetzen!

Es gibt noch einzelne Regierungen in dieser EU – es gibt einige Staaten, und es gibt Mehrheiten in der Bevölkerung! – die alle gegen Atomkraft sind! Wo haben Sie sich denn die Verbündeten gesucht, zum Beispiel Irland, um dagegen anzukämpfen? –


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