Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 121

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kehrt, indem die bloße Verwendung von E-Mail Verschlüsselung wie sie allgemein üb­lich ist und etwa von Banken ihren Kunden vorgeschrieben wird als Beweis für das Vorliegen einer kriminellen Organisation angesehen wurde.

Schließlich wäre die Ausrichtung der Organisation auf die geplante Begehung „schwer­wiegender Straftaten“ gefordert. Es würden zwar einige der von der Polizei nicht aufge­klärten Sachbeschädigungen dieses Kriterium erfüllen, die den in Haft sitzenden Be­schuldigten mittlerweile nur noch vorgeworfenen Delikte erfüllen diese Voraussetzung jedoch jedenfalls nicht.

4. Reformbedarf

Zunächst wird im gegenständlichen Fall durch geeignete Maßnahmen der verantwortli­chen Minister dafür Sorge zu tragen sein, dass die unhaltbare Inhaftierung der Be­schuldigten so rasch als möglich beendet wird, und über allfällige verbleibende Vorwür­fe ein faires Strafverfahren nach rechtsstaatlichen Grundsätzen durchgeführt wird.

Darüber hinaus zeigt sich jedoch an dieser Sache, dass § 278a StGB in seiner derzeiti­gen Formulierung zu „überschießenden" Gesetzesanwendungen führen kann. Damit ist die legale und für die Gesellschaft nützliche und bedeutsame Arbeit aller ehrenamtli­chen Vereine, seien es Umweltschutzvereine, Anti-Atomkraft-Volksbegehren usw. be­droht, wenn nur irgendwo in ihren Randbereichen die Möglichkeit besteht, dass „schwarze Schafe“ Straftaten begehen. Folgt man dieser Argumentation konsequent, dann könnten etwa auch Fußball-Fanclubs und Freiwillige Feuerwehren kriminelle Or­ganisationen darstellen, wenn es etwa bei von ihnen organisierten Veranstaltungen zu Schlägereien oder Sachbeschädigungen kommt.

Es werden daher dieser Paragraf und verwandte Strafbestimmungen legistisch zu überarbeiten und zu sanieren sein, damit ein Missbrauch wie im gegenständlichen Fall zukünftig verhindert wird.

Darüber hinaus wird aufgrund der vorgefallenen Rechtsverletzungen und Unverhältnis­mäßigkeiten bei den gegenständlichen Hausdurchsuchungen und vorangegangenen Überwachungsmaßnahmen streng nachzuprüfen sein, wie die Polizeibehörden und Gerichte mit den ihnen eingeräumten Ermittlungsinstrumenten umgehen. Insbesondere angesichts der gestärkten Position der Staatsanwaltschaften im Vorverfahren seit In­krafttreten der StPO-Reform mit 1. Jänner 2008 wurde die richterliche Kontrolle des Einsatzes dieser Ermittlungsmethoden eingeschränkt, und es wird diese Maßnahme durch entsprechende Evaluierungsmaßnahmen zu hinterfragen sein. Darüber hinaus muss offensichtlich die Schulung der Exekutivkräfte, aber auch von Gerichtsorganen hinsichtlich der Einhaltung der menschenrechtlich geschützten Verfahrensgarantien verbessert werden.

Schließlich wird durch entsprechende personelle Ausstattung dafür zu sorgen sein, dass Beschwerdeverfahren betreffend Haftprüfungen und die Verletzung subjektiver Rechte durch polizeiliche und gerichtliche Maßnahmen rasch und auf höchstem quali­tativem Standard durchgeführt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, sich dafür einzusetzen, dass

1. der § 278a StGB und verwandte Strafbestimmungen dahingehend reformiert wer­den, dass eine missbräuchliche Anwendung auf Nichtregierungsorganisationen künftig ausgeschlossen ist;

 


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