Dennoch wurde zuletzt am 7.7.2008 die Untersuchungshaft mit fadenscheinigen Begründungen neuerlich verlängert. Das Oberlandesgericht Wien hat über die anhängigen Haftbeschwerden bis heute nicht entschieden.
3. Missbräuchliche Anwendung des § 278a StGB – „Kriminelle Organisation“
Der Tatbestand des § 278a StGB wurde für die Bekämpfung mafiaähnlicher Verbindungen geschaffen. Intention der Schaffung des § 278a StGB war also die Bekämpfung schwerer organisierter Kriminalität, gedacht wurde an Organisationen wie beispielsweise die sizilianische Mafia, die kalabrische N’drangheta oder die chinesischen Triaden (vgl Kienapfel, JBl 1995, 613). Nun wird er zur Kriminalisierung der Tierschutzbewegung missbraucht.
Der Tatbestand „Kriminelle Organisation“ wird offenbar nur deswegen herangezogen, da keine konkreten Tatnachweise vorliegen. Für alle ungeklärten Fälle, die mit Tierschutz zusammenhängen könnten, wird eine kriminelle Organisation verantwortlich gemacht.
Nicht nur Amnesty International zeigte sich aufgrund der angeblich vorliegenden Beweislage irritiert darüber, dass hier das Gesamtdelikt der Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation verfolgt wurde und nicht entsprechende Strafverfahren wegen Sachbeschädigung, Nötigung oder gefährlicher Drohung eingeleitet wurden.
Offensichtlich wurde auf den „Mafiaparagrafen“ zurückgegriffen, da es trotz ausgiebiger, ja sogar ausufernder Ermittlungen unter Heranziehung modernster technischer Ermittlungsmethoden durch mehrere Jahre hindurch der Polizei nicht gelang, eine Reihe schwerer Sachbeschädigungen gegen Bekleidungsgeschäfte aufzuklären. Anscheinend wurde diese Bestimmung genau in jenem Moment herangezogen, als dies zur Erlangung der gerichtlichen Bewilligung noch weitergehender Ermittlungsmethoden gefordert war.
Im Ergebnis konnten jedoch gegen die jetzt Beschuldigten trotz dieser weitreichenden Ermittlungsmethoden keine Beweise einer Beteiligung an den untersuchten schweren Sachbeschädigungen gefunden werden. Statt dessen wurde die Tätigkeit legaler Vereine überwacht, die Teilnahme an legalen Demonstrationen dokumentiert, die Telekommunikation einer Vielzahl von Tierschützern abgehört, die verfassungsrechtlich geschützte Abgabe von freien Meinungsäußerungen zu Tierschutzfragen im Internet erforscht, und aus all diesen Mosaiksteinen die Behauptung konstruiert, die Beschuldigten seien „militante Tierrechtler“ und alleine aufgrund dieses Umstandes der angeblichen kriminellen Organisation zugehörig und deshalb für sämtliche ungeklärten Straftaten mit möglichem Zusammenhang zur Tierschutzszene verantwortlich.
Diese ausufernde Interpretation durch die ermittelnden Polizeibeamten
wurde
von
Staatsanwaltschaft und Untersuchungsrichtern bestätigt, ohne dass
erkennbar eine eingehende rechtliche Prüfung erfolgt wäre, welche die
irrige Auslegung
des
§ 278a StGB zu Tage bringen hätte müssen.
Tatsächlich kann der Tatbestand des § 278a StGB bei richtiger rechtlicher Auslegung nämlich nicht erfüllt sein:
Die im Gesetz geforderte „unternehmensähnliche Organisation“ liegt in der von der Staatsanwaltschaft beschriebenen losen Vernetzung nicht vor.
Nur durch Zusammenrechnung zweier nachweislich unabhängiger Personengruppen konnte die geforderte Mindestzahl von Mitgliedern erreicht werden.
Die angebliche Organisation strebt keine Bereicherung an, und auch ein „erheblicher Einfluss auf Politik und Wirtschaft besteht“ nicht.
Das vom Gesetzgeber einschränkend gedachte Tatbestandsmerkmal einer besonderen Abschirmung gegen Strafverfolgungsmaßnahmen wurde in sein Gegenteil ver-
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