Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll67. Sitzung / Seite 150

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einen Untersuchungsrichter zu ersuchen, Führungspersönlichkeiten der Freiheitlichen Partei in Untersuchungshaft zu nehmen. – Ich glaube nicht, dass Kollege Haimbuchner ans Rednerpult treten würde und sagen würde: Finger weg von diesem Verfahren, auf den österreichischen Rechtsstaat ist Verlass!

Warum ist das bei den Tierschützern dann ganz anders? (Abg. Prinz: ... Tierschützer ... eine Vorfeldorganisation der Grünen!)

Wissen Sie, dass es seit den beiden Schriftsätzen der Oberstaatsanwaltschaft Wien keinen schwerwiegenden konkreten Tatverdacht gegen auch nur einen einzigen der in­haftierten Tierschützer mehr gibt? Der Verdacht der Brandstiftung wird nicht mehr auf­rechterhalten, der Verdacht der schweren Sachbeschädigung ebenfalls nicht. Meine Herren Justizexperten von ÖVP, FPÖ und vermutlich auch BZÖ! Sie wissen doch, dass eine der wesentlichen Voraussetzungen zur Erfüllung des Tatbilds nach § 278a des Strafgesetzbuches die fortgesetzte und planmäßige Begehung eines schweren Delikts nach dem Strafgesetzbuch ist. – Das fällt weg.

Jetzt haben wir es zum ersten Mal in der Geschichte dieses Paragraphen mit einer kri­minellen Organisation ohne Kriminelle zu tun. – Das ist eine strafrechtlich bemerkens­werte Situation.

Ich habe das vor eineinhalb Stunde mit einer sehr bekannten Richterin besprochen. Sie hat mich darauf hingewiesen, dass die österreichische Richtervereinigung bei der Einführung des § 278a StGB vor genau dieser Situation gewarnt hat, weil es nämlich möglich ist – und das haben Sie von der ÖVP immer bestritten! –, eine kriminelle Orga­nisation ohne ein einziges schweres Delikt, ohne einen einzigen schweren Tatverdacht gegen eine konkrete Person zu konstruieren und daraufhin alle Maßnahmen bis hin zur Untersuchungshaft zu verhängen.

Das ist ja der große Konstruktionsfehler des § 278a StGB! Deshalb hat es ja Warnun­gen nicht nur von der österreichischen Richtervereinigung gegeben. Sie haben uns da­mals gesagt: Niemals! Es gehe um die russische Mafia, es gehe um die sizilianische Mafia, es gehe um die moldawische, die chinesische – und so weiter – Mafia, aber doch niemals um Bürgerinitiativen, Nicht-Regierungs-Organisationen, Organisationen der österreichischen Zivilgesellschaft. – Und jetzt ist genau das passiert! (Ruf beim BZÖ: Die grüne Mafia!)

Es gibt keinen konkreten Tatverdacht der Begehung eines schweren Delikts. Jetzt stellt sich die Frage, was eigentlich passiert ist. – Ich erzähle Ihnen die Geschichte im Zeit­raffer (Ruf bei der ÖVP: Bitte nicht!):

Es gibt ein völlig erfolgloses Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbe­kämpfung. Der Rechungshof hat festgestellt, dass es bis zum Endpunkt der Prüfung, also bis 2006, nur eine einzige operative Analyse gab – das heißt, ein polizeilich und gerichtlich verwertbares Ergebnis. (Ruf bei der ÖVP: Seien Sie doch froh!)

Wir haben gefragt, in welchem Bereich. Antwort: Im Bereich Extremismus. – Also kein verwertbares Ergebnis im Bereich Terrorismusbekämpfung, kein verwertbares Ergeb­nis in einer Sondereinheit des österreichischen Verfassungsschutzes, die seit mehr als zehn Jahren eine österreichische Spezialität ist, nämlich eine eigene Verfassungs­schutzeinheit zur Bekämpfung des organisierten Tierschutzes in Österreich. – Das ist etwas Einmaliges in ganz Europa! Das ist eine Eigenart des österreichischen Verfas­sungsschutzes.

Was ist jetzt passiert? – Der Verfassungsschutz hat Spitzel – Vertrauenspersonen – in alle Tierschutzorganisationen eingeschleust. Er hat Peilsender an Fahrzeugen mon­tiert. Er hat optisch und akustisch überwachen lassen und keinen einzigen konkreten Tatverdacht aktenmäßig festhalten können.

 


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