Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll68. Sitzung / Seite 60

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bar zu machen – sprich um Referenden zu vermeiden.“ (Giscard d’Estaing am 17. Juli 2007 Pressedienst des EP) . Zugleich warnte der ehemalige französische Präsident in diesem Zusammenhang davor, „die Bürgerinnen und Bürger mit einer Mogelpackung für dumm zu verkaufen.“

In dieselbe Kerbe schlug angesichts des EU-Reformvertrages der ehemalige italieni­sche Premierminister Giuliano Amato, wenn er ironisch feststellt: „Wenn bei der Regie­rungskonferenz auch so ein Dokument herauskommt, kann jeder Regierungschef zu seinem Parlament sagen: Seht her, das ist absolut unlesbar, ein typischer Brüsseler Vertrag, nichts Neues, kein Referendum notwendig.“ (EU-Observer 16. Juli 2007)

Die Ignoranz auch der österreichischen Bundesregierung durch Verhinderung eines Referendums über den Reformvertrag einerseits und eine gegen den Willen des BZÖ bereits im Mai dieses Jahres erfolgte Ratifizierung andererseits haben sich nunmehr in so fern gerächt, als nach dem Nein der Iren, nach der Unterschriftsverweigerung der Präsidenten von Polen und Tschechien der Lissabonvertrag (einmal mehr) gescheitert und somit Geschichte ist. Bundeskanzler Gusenbauer lehnte damals eine Volksabstim­mung unter anderem mit der Begründung ab, dass man „auf Europaskepsis nicht wirk­lich mit Volksabstimmung antworten könne“.

Nach dem Durchpeitschen des Reformvertrages ohne Volksabstimmung und nach Ab­lehnung einer vom BZÖ beantragten bundesweiten Volksbefragung ließ sich nunmehr das Kurzzeitführungsgespann aus Gusenbauer und Faymann zu einer an Unglaubwür­digkeit nicht zu überbietenden Richtungskorrektur hinreißen, die im diametralen Ge­gensatz zu obigem Gusenbaurschen Zitat steht. Denn wörtlich heißt es in einem dies­bezüglichen Schreiben vom 26. Juni 2008: „Auch in Österreich besteht gegenwärtig eine weit verbreitete Skepsis gegenüber der EU. () sind wir der Meinung, dass künftige Vertragsänderungen, die die österreichischen Interessen berühren, durch eine Volksabstimmung in Österreich entschieden werden sollen.“

Mit den Worten „ohne ÖVP kann es keine EU-Volksabstimmung geben“ leitete jedoch mit 3. Juli 2008 Klubobmann Cap - für politische Beobachter der SPÖ-Strategien der letzten Jahre wohl nicht sehr überraschend - die Beerdigung des Kurzzeitrealismus der SPÖ in Sachen EU-Politik und Volksentscheid ein. Erst mit dem Ende der Zusammen­arbeit von SPÖ und ÖVP fasste man wieder Mut und beschloss im SPÖ-Präsidium am 7. Juli 2008, „künftige EU-Vertragsänderungen, die die grundlegenden Interessen Ös­terreichs berühren, einer Volksabstimmung zu unterziehen".

Im Sinne eines Europas für und nicht gegen die Bürgerinnen und Bürger, im Interesse des Friedensprojektes Europa sowie in der Absicht, insbesondere den Abgeordneten der sozialdemokratischen Fraktion die Möglichkeit zu geben, den EU-Schwenk in Rich­tung nationaler Volksabstimmungen bei künftigen EU- Vertragsänderungen – abseits der Kronen Zeitung - mit Leben zu erfüllen und zu verfestigen, stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat umgehend einen Gesetzes­entwurf zur Änderung des Bundes-Verfassungsgesetzes zuzuleiten, der sicherstellt, dass ein allenfalls geänderter und daher neuerlich zu ratifizierender Lissabonvertrag sowie zukünftige EU – Vertragsänderungen, die die österreichischen Interessen berüh­ren, durch Volksabstimmungen in Österreich entschieden werden müssen.“

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