Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung / Seite 69

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liardenpaket, ein Rettungspaket von 700 Milliarden Dollar. „Freddie“ und „Fannie“ sind verstaatlicht worden, Bear Stearns schon vorher und dann weiterverkauft. In Großbri­tannien ist die Northern Rock verstaatlicht worden, die Hypo-Bank Bradford & Bingley wankt, für HBOS sind Käufer gesucht worden. (Abg. Mag. Wurm: ... verstaatlicht! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Das ist aber übrigens ganz genau das Gleiche, was die österreichische Regierung vor zwei Jahren mit der von Ihnen (in Richtung SPÖ) zu verantwortenden BAWAG machen musste! (Beifall bei der ÖVP.) Da ist genauso spekuliert worden – und der österreichi­sche Steuerzahler hat mit einer Garantie diese Bank gerettet. Seien Sie daher vorsich­tig mit diesen Zwischenrufen! Nicht wir haben dieses Debakel zu verantworten. (Abg. Mag. Wurm: ... keinen Groschen!) Das sind ganz andere, da ist die Schuld in Ihren Reihen zu suchen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Nun lautet daher die erste Frage: Was sind die Ursachen für diese internationale, vor allem amerikanisch ausgelöste Finanzkrise? – Wenn man etwas lösen will, dann muss man ja fragen, wer daran schuld ist. Da sind schon einige Schuldige diejenigen, die spekuliert haben; aber es ist auch die Schuld der amerikanischen Notenbank, die das Geld einfach immer billiger gemacht hat! Alan Greenspan, der ja eine Zeit lang als „der Wunderrabbi“ gefeiert wurde und dort 20 Jahre die Geldpolitik und die Finanzpolitik bestimmt hat, hat letztlich die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass Amerika durch Jahrzehnte weit über seine Verhältnisse gelebt hat.

Es wurde nicht gespart; wir in Österreich sparen 11 Prozent, in Amerika war es null oder sogar ein „Entsparen“. Dort ist der Eindruck erweckt worden: Alles geht! Dort sind Kredite für Grundstücke oder Häuser in der Höhe von 200 Prozent des Preises verge­ben worden. Das ist bei uns in Österreich oder in Europa Gott sei Dank völlig unüblich. Und immer, wenn es brenzlig geworden ist, hat Greenspan die Wirtschaft mit Geld geflutet: Dann sind die Zinsen gesenkt worden, dann sind zusätzliche Geldmengen im System geschaffen worden – und damit ist der Eindruck entstanden, da gibt es so etwas wie ein Perpetuum mobile. Die Investoren sind unvorsichtiger geworden, die Sicherheiten sind nicht mehr beachtet und die Kredite gegen immer kleinere Risikoprä­mien vergeben worden. Man hat die Risiken überhaupt nicht mehr transparent ge­macht.

Das Gleiche ist aber auch im politischen Bereich spürbar. Ich sage hier offen, dass sich auch Privatpersonen daran gewöhnt haben, in Rot zu leben. Es ist ja auch bei uns durchaus eine Frage der gesamten Kultur, die sich hier abzeichnet, vom Bankomat bis zu den Kreditkarten, dass damit natürlich die Mentalität geschürt wird, nicht mehr alle Dinge transparent auf den Punkt zu bringen.

Das Gleiche gilt übrigens auch für die Staatsschulden: Entweder zahlen spätere Gene­rationen – mit entsprechenden Auswirkungen auf deren Konsum und Investitionen –, oder man bringt die Schulden durch Inflation zum Verschwinden, und das geschieht vor allem auf Kosten der vielen kleinen Leute, die eben keine immobilen Werte besit­zen. Meine Damen und Herren, das ist die gleiche Mentalität! Gerade an einem Tag wie heute, an dem sich manche Abgeordnete anschicken, ein Milliardenpaket – mit sehr geringer Treffsicherheit – zu beschließen, sollte diese Warnung sehr wohl beach­tet werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweite Frage: Treffen uns diese Auswirkungen der globalen Finanzkrise in Europa oder auch in Österreich im Besonderen? – Bisher sind etwa 300 Milliarden € abge­schrieben worden, interessanterweise fast die Hälfte davon bei europäischen Banken. Wir sind also jetzt schon davon betroffen. Das Wachstum geht hinunter, die Börsen-


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