Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll75. Sitzung / Seite 74

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rationenvertrag“ basierende Umlageverfahren ergänzen sollte. Die von den Pensions­kassen zu erwirtschaftenden Erträge sollten nicht nur eine stabile Zusatzpension ga­rantieren, sondern darüber hinaus auch die Kaufkraft der Pensionen durch alljährliche Pensionserhöhungen sichern.

Die neue Altersvorsorge über Pensionskassen wurde nach zögerlichem Beginn mit großen Kapitalübertragungen zu Ende der 1990er-Jahre und Anfang 2000 stark ausge­baut. Die Ergebnisse seither zeigen nun jedoch, dass die „Zweite Säule“ ihre wichtigste Funktion, nämlich eine leistungsfähige und verlässliche Ergänzung zur staatlichen Pen­sionsversicherung zu werden, nicht erfüllen kann.

Von einer Inflationsabgeltung kann keine Rede mehr sein, vielmehr sind die Pensions­kassenpensionen eines großen Teils der Berechtigten in den letzten Jahren beträcht­lich gekürzt worden. Es gibt eine wachsende Zahl von Pensionsbeziehern, deren Zu­satzpension inflationsbereinigt bereits 30 % unterhalb der Zielgröße liegt, wobei die ef­fektive Kürzung der Pensionskassenpension seit dem Jahr 2000 in der Größenordnung von rund 20 % liegt.

Diese Entwicklung wird sich unaufhaltsam fortsetzen, da die den Berechnungen zu­grunde liegenden Ertragsannahmen, wie sich jetzt zeigt, unrealistisch waren und sind.

Zusätzlich ist eine Reihe von bedenklichen Schwachpunkten des Pensionskassenge­setzes sichtbar geworden. Die Finanzkrise der letzten Wochen haben alle Kritiker des bestehenden Pensionskassensystems in ihrer Meinung bestärkt, dass Handlungsbe­darf dringend geboten ist. Zehntausende Bezieher von Pensionen aus Pensionskassen stehen vor abermaligen Pensionskürzungen, gut eine halbe Million noch berufstätiger Anwartschaftsberechtigter wird künftig mit deutlich gekürzten Pensionen in den Ruhe­stand treten müssen.

Im Pensionskassensystem sind für die Berechtigten keinerlei Absicherung und Kon­trollrechte vorgesehen. Die Pensionskassen wirtschaften mit nur einem Prozent Eigen­kapital, das ihnen anvertraute Pensionsdeckungskapital ist also ungesichert und das unternehmerische Wagnis ist minimal. Kein anderes Finanzdienstleistungsunterneh­men kann derart freihändig mit Treuhandkapital umgehen. Es gibt keine Haftung oder ansatzweise Garantie gegen leichtfertiges Vorgehen oder Inkompetenz des Manage­ments. Falls das Deckungskapital der Berechtigten verzockt wird, bleiben einzig die Pensionskassenberechtigten auf der Strecke.

Pensionskassen haben das Deckungskapital gegen Zusage von hohen jährlichen Ver­anlagungserträgen zugeteilt erhalten. Die Finanzmarktaufsicht bzw. ihre Vorgängerins­titution im Finanzministerium haben die überhöhten Ertragsannahmen (Parameter) ge­nehmigt, die bis heute bereits zu Zielverfehlungen von mehr als 30 % geführt haben. Ohne Gegensteuern wird die Mehrheit der Pensionskassenberechtigten in Zukunft mit einer bis auf die Hälfte der ursprünglichen zugesagten Pension geschrumpften Pen­sionskassenpension leben müssen.

Der einzelne Pensionskassenberechtigte ist auf Lebenszeit an die ihm zugeteilte Pen­sionskasse gebunden. Es gibt kaum Wahlmöglichkeiten und Mobilität zwischen den einzelnen Kassen. Dazu kommt noch, dass die Kostenstrukturen und die Ergebnisse der Pensionskassen nicht hinreichend transparent sind.

Die Pensionskassenpension setzt sich aus Kapitalübertragung in die Pensionskasse (mehrheitlich - steuerfrei - durch den Arbeitgeber als sogenannter vorenthaltener Lohn oder „deferred payment“, aber auch durch Arbeitnehmerbeiträge) und die darauf erwirt­schafteten Kapitalerträge zusammen. Die ausgezahlte Pension unterliegt dann voll dem jeweiligen Höchststeuersatz (Lohn- bzw. Einkommensteuer) des Pensionisten, obwohl sie sich zum überwiegenden Teil aus Kapitalerträgen herleitet, die nur der
25 %-KESt unterliegen bzw. als Kursgewinne überhaupt steuerfrei sind.

 


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