Nationalrat, XXIII.GPStenographisches Protokoll75. Sitzung / Seite 88

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ten werden und jetzt auch noch die Haftungslast dafür übernehmen müssen, dass
sie Kredite, die sie auch teuer bezahlen müssen, von den Banken überhaupt noch be­kommen.

Herr Klubobmann Schüssel, 100 Milliarden € sind ein gewaltiges Volumen. Mir ist kaum ein Land geläufig, das ein Drittel seines Bruttoinlandproduktes dafür einsetzt, das Standing seiner Banken zu verbessern!

Ich versetze mich jetzt einmal in die Lage des Herrn Elsner in der Haftanstalt. Er wird sich fragen: Wieso habe ich nicht länger durchgehalten? Hätte ich es noch zwei Jahre ausgehalten, dann würde man für mich heute Haftung übernehmen. Wozu sitze ich in der Haftanstalt? (Beifall beim BZÖ.)

Ich bewundere die SPÖ, dass sie nicht der Versuchung erlegen ist, gleich einen Ent­haftungsantrag mitzubeschließen. Ich hätte zugestimmt! Es erhebt sich nämlich die Frage nach der Sinnhaftigkeit dessen, meine Damen und Herren, dass Elsner für et­was angeklagt wurde und nun sitzt, während andere in einer vergleichbaren Situation frei herumlaufen und es sich es auch noch verbessern können!

Meine Damen und Herren, wir erleben heute zum ersten Mal, dass die Bankenmacht des Landes voll spürbar wird. Dem Vertreter des Souveräns und dem Vertreter des Steuerzahlers wird klar gemacht, welche Macht Banken haben. Wir können es uns gar nicht leisten, Banken in Krisen schlittern zu lassen.

Meine Damen und Herren, wie wir aber damit umgehen, darüber gehen die Auffassun­gen auseinander. Ich sage es noch einmal, Herr Klubobmann Schüssel: Ich werde in dritter Lesung zustimmen. Ich merke jedoch an, dass mir nicht wohl dabei ist, wenn in Zukunft über die Kontrollbank entschieden wird, wem eine Haftung gewährt wird und wem nicht. Dadurch entsteht ein neuer Lombardclub durch die Hintertür. Günter, es ist so! Dort wird entschieden, wer dabei ist und wer nicht. Und es wurde ja auch probiert: Man wollte ursprünglich nur jenen eine Haftung gewähren, die selbst mit einem Anteil an dieser Bank beteiligt sind. (Abg. Dr. Stummvoll: Der Lombardclub ist aber schon etwas anderes!) Das wissen wir auch! Aber die Absprachen, die dort in Zukunft stattfin­den werden, sind nicht unerheblich. Das, was dort stattfinden wird, ist nicht mehr uner­heblich, meine Damen und Herren! (Beifall beim BZÖ.)

Das beinhaltet eine eindeutige Verzerrung des Wettbewerbsrechtes und des Vergabe­rechtes. All diese Posten werden nämlich europaweit sicherlich nicht ausgeschrieben werden. All das wird nicht geschehen, sondern all das wird in Zukunft im Lombardclub neuer Art gemauschelt werden, und wir werden nur mehr zuschauen können, jedoch keine Möglichkeiten haben, dort Einfluss zu nehmen, und zwar auch nicht mehr über die ÖIAG. Herr Klubobmann Schüssel! Jetzt rächt sich die Verselbständigung der ÖIAG ein bisschen! Wir haben sie vielleicht zu weit von uns weg gelassen! Daher müs­sen wir uns überlegen, doch verstärkt zu versuchen, die Töchter der ÖIAG und die ÖIAG selbst wieder unter staatliche Kontrolle beziehungsweise Aufsicht zu nehmen.

Die Aufsicht hat jedenfalls gelitten. Ich war früher auch dafür, heute bin ich jedoch skeptischer, was diese Entlassung aus der Staatsaufsicht anbelangt.

Meine Damen und Herren! Ich bin – um mit Klubobmann Schüssel weiter zu spre­chen – sicherlich kein Etatist und schon gar kein Protektionist. Aber man muss nicht Etatist oder gar Protektionist sein, um der Aufsicht das Wort zu reden! Kontrolle ist nämlich weder Etatismus noch Protektionismus! Und an der Kontrolle, meine Damen und Herren, fehlt es auch in diesem Gesetzentwurf eindeutig, was ich sehr bedaure. Ich nehme an, dieses Gesetz wird in absehbarer Zeit schon zu novellieren sein, damit die Kontrolle ausgeweitet wird.

Ich hätte mir gewünscht, dass jenes Organ des Staates, das die Budgethoheit hat, auch eine Mitwirkung bei der Frage der Haftungsgewährung hat. Wir haben dieses Mo-


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