Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll4. Sitzung / Seite 64

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natürlich auch für die Kredite. Aber trotzdem herrscht großes Unverständnis darüber, warum es bei uns im Gegensatz zu Deutschland keine Begrenzung der Manager­gehälter auf 500 000 € gibt – und das ist meiner Meinung nach wahrlich genug! –, warum keine Kontrolle des Rechnungshofes möglich ist, keine Dividendenausschüt­tung, wenn man dieses System in Anspruch nimmt. Warum ist das bei uns nicht möglich? Auch hier stellen Sie sich auf die falsche Seite, und daher hat die Bevöl­kerung eindeutig das Gefühl: Es geht nicht um uns, es geht um etwas anderes. Sie hätten heute auch die Chance gehabt, der Bevölkerung das zu erklären. (Beifall bei den Grünen.)

Aber Sie haben auch weiterhin Chancen, und da wende ich mich jetzt auch schon ein bisschen an die neue Regierung. Es ist der Eindruck entstanden, die Regierung schützt Banken, Manager, Spekulanten und Vorstände wie Michaelis und Ötsch. Hunderttausende Klein- und Kleinstanleger, die im Moment in schweren Schwierig­keiten stecken als Folge dieser Finanzmarktkrise, sind nach wie vor ungeschützt. Das betrifft nicht nur hunderttausend Menschen, sondern das betrifft auch ganze Familien, 20 000, die in Häuselbauerkredite investiert haben und die nach wie vor dieser Finanz­krise schutzlos ausgeliefert sind. Und auch hier ist die Frage, warum Sie nicht internationale Beispiele hernehmen und etwa mit Moratorien arbeiten und hier Schutz und Sicherheit für genau die, die es brauchen, auch fix verankern. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Strache.)

Dass am Finanzmarkt ohne Ausbildung und ohne Konzession – und das ist auch gerichtet an den neuen Finanzminister in spe, der jetzt gerade nicht da ist, an den Kollegen Pröll (Rufe bei der ÖVP: Er ist da!) – gefährliche Produkte verkauft werden können und dass das auch eine Folge eines völlig verfehlten Wertpapieraufsichts­gesetzes 2007 ist, darüber muss man auch einmal sprechen. Hier haben Sie eine Chance, und wir werden hier eine Initiative setzen, um dem einen Riegel vorzu­schieben. Das darf es nicht mehr geben in diesem höchst spekulativen Bereich! (Beifall bei den Grünen.)

Eine letzte Chance haben Sie leider auch vertan: Viele Menschen sind fassungslos – ich im Übrigen auch, Herr Kollege Faymann –, was diese Summen betrifft, die wir da sehen: 3 000 Milliarden € stellt die Europäische Union bereit für die Rettung des Bankensystems! Im Wesentlichen ist das ein radikaler Finanzkapitalismus, der jetzt sein Gesicht zeigt – mit den bösesten Auswirkungen: Gewinne werden privatisiert, Verluste sozialisiert. Warum geben Sie hier nicht ein bisschen Orientierung, wie es auch international weitergehen muss, dass man über eine Finanztransaktionssteuer reden muss, dass es so nicht weitergehen kann, dass es diese völlig ungezügelte Freizügigkeit nicht mehr geben kann, mit gefährlichen so genannten Finanzinno­vationen, die letztendlich nicht mehr verständlich sind?

Einerseits also Fassungslosigkeit über diese 3 000 Milliarden € und andererseits die Tatsache, dass zur Bekämpfung des Welthungers 35 Milliarden € im Jahr aufzuwen­den wären!

Das sind Fragen, die wir heute hätten diskutieren können, und es tut mir sehr, sehr leid, dass Sie genau diesen ersten Tag, an dem Sie sozusagen als Empfehlung für den neuen Bundeskanzler hier sitzen, nicht dazu nutzen, das Verhältnis zwischen Ihnen und uns – und wir sind letztendlich die Vertreterinnen und Vertreter der Bevölkerung – in anderer Form, positiv also, zu beginnen. (Beifall bei den Grünen.)

16.17


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner: Herr Vizekanzler Mag. Mol­terer. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


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