Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll6. Sitzung / Seite 31

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10.12.192. Punkt

Erklärung der Bundesregierung

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 2. Punkt der Tagesord­nung: Erklärung der Bundesregierung.

Im Anschluss an diese Erklärung wird im Sinne des § 81 der Geschäftsordnung ent­sprechend dem vorliegenden Verlangen von fünf Abgeordneten eine Debatte stattfin­den.

Ich erteile nunmehr dem Herrn Bundeskanzler zur Abgabe der Erklärung das Wort. Es ist eine Redezeit von 50 Minuten vereinbart. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


10.12.40

Bundeskanzler Werner Faymann: Sehr geehrter Herr Bundespräsident! Frau Präsi­dentin des Nationalrates! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die neue österreichische Bundesregierung steht vor großen politischen Herausforderun­gen, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht. Die Wirtschaftsforscher sind übereinstim­mend der Ansicht, dass sich das Wirtschaftswachstum verlangsamen wird und die reale Gefahr eines Nullwachstums besteht – beziehungsweise sogar die Gefahr einer Schrumpfung unserer Wirtschaftsleistung.

Dieses Szenario stellt nicht nur Österreich, sondern Europa und die ganze Welt vor große Herausforderungen. Um diese Herausforderungen zu meistern, bedarf es eines entschlossenen, raschen und gemeinsamen Handelns.

Es gilt aber auch festzustellen, dass nach übereinstimmender Prognose internationaler Experten die gesamte Weltwirtschaft auch in den kommenden Jahren um rund 2 Pro­zent zulegen wird. Im Vergleich zum exorbitanten Wachstum der vergangenen Jahre – im Schnitt der letzten fünf Jahre wuchs die Weltwirtschaft pro Jahr um 5 Prozent – wirkt das bescheiden. Dennoch muss man angesichts dieser Vorhersage deutlich sagen: Wir dürfen ruhig ein wenig optimistischer sein, als uns die Kommentatoren weisma­chen wollen!

Gefragt sind in der derzeitigen Situation vor allem drei wesentliche Dinge: eine sachli­che Analyse der Situation, rasche und ausreichende Maßnahmen – vor allem zur Absi­cherung von Arbeit und Einkommen – sowie ein gemeinschaftliches Handeln.

Die aktuelle Weltfinanzkrise erfordert mehr denn je das akkordierte Vorgehen von Staaten und Notenbanken. In der Europäischen Union gehen die Mitgliedsländer der­zeit unterschiedliche Wege und unterschiedliche Geschwindigkeiten. Manche Mit­gliedsländer haben – so wie Österreich – rasch umfangreiche Belebungsmaßnahmen für die Konjunktur beschlossen, andere zögern sowohl bei der Ausweitung staatlicher Investitionen als auch bei der Entlastung der Steuerzahler. Manche Mitgliedsländer setzen auf eine Senkung der Verbrauchssteuern, andere auf eine Entlastung bei der Einkommensbesteuerung.

Renommierte Wirtschaftsforscher schlagen derzeit sehr unterschiedliche Maßnahmen vor, um die Rezession möglichst kurz ausfallen zu lassen. Einigkeit herrscht aber in zentralen Punkten: Die Notenbanken müssen den Banken jetzt deutlich mehr Bargeld­reserven zur Verfügung stellen. Dies ist sowohl in den USA als auch in der Europäi­schen Union rasch und konsequent geschehen. Einigkeit besteht auch darüber, dass sich ein neues Weltfinanzsystem nicht nur auf den amerikanischen Dollar stützen kann, dass eine neue, weltweite Finanzstruktur erarbeitet werden muss, die auch die Finan­zierung der Entwicklungsländer auf stabile Beine stellt, und dass es einheitlicher Re­geln in einer globalen Finanzwelt bedarf, wenn man die Entstehung neuer Finanzbla­sen künftig verringern möchte.

 


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