Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll8. Sitzung / Seite 39

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10.18.49

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es wäre nicht die FPÖ, wenn sie nicht eine Debatte über die EU und die Krise dazu verwenden würde, die grüne Klubobfrau auf die blödeste Weise zu verunglimpfen. (Beifall bei den Grünen.) Sagen Sie mir ein vernünftiges Argument, das dagegen spricht, heute ausgerechnet einen Toyota Hybrid zu fahren, der laut Typen­schein, wenn ich mich nicht irre, 104 Gramm CO2 pro Kilometer emittiert. Das ist mus­tergültig in der weltweiten Automobilindustrie. (Abg. Strache: Aber sie fährt ein schnitti­ges BMW-Cabrio!)

Herr Bundeskanzler Faymann, nicht schönreden, aber optimistisch sein, das war ein Motto Ihrer Rede heute. Zuerst habe ich gedacht, ja, da hat unser Herr Bundeskanzler eigentlich recht. Dann habe ich mich leider erinnert: Wie war das im Frühjahr? – Die AUA ist saniert. Alles wunderbar! Doch heute müssen wir froh sein, wenn wir sie mit Millionendraufgaben noch herschenken dürfen.

Damals war Minister Faymann zuständig! Was hat er gemacht? Auch da – „Geh!“, höre ich von der Regierungsbank –: Er hat die Verantwortung auf Finanzminister Molterer abgeschoben. Alle sind zuständig, nur er nicht. Er ist für das Schönwetter zuständig.

Herr Bundeskanzler Faymann, ich bin gerne optimistisch, muss aber in der heutigen Situation leider sagen: Erstens setzt das Vertrauen in die handelnden Personen vor­aus – das müssen Sie sich noch verdienen, angesichts der Vorgeschichte –, und zwei­tens ziehe ich es vor, jetzt weder Pessimist noch Optimist zu sein, sondern for the time being Realist.

Ich meine, für Optimismus, wie viel Anlass gibt es denn da? – In der Ausgabe der „Herald Tribune“ vom Samstag, also von vor drei Tagen, heißt es: Monthly US Job Losses Worst in 34 Years. – Also: Die Arbeitsplatzverluste in den USA sind die schlimmsten seit 34 Jahren. Allein im November sind 533 000 Arbeitsplätze verloren gegangen! – Mir ist schon klar, dass das umzurechnen ist – die USA sind groß, Öster­reich ist klein –, aber es ist unvermeidlich, dass das auf Europa und auf Österreich überschwappt.

Also: Welchen Anlass zu Optimismus haben wir? Wenn wir die internationalen Medien studieren – weniger die österreichischen –, dann reißen ja seit September die Horror­meldungen insbesondere aus den USA nicht ab! Und wenn dann – da kann man schon etwas lernen für Österreich – eine Strukturkrise mit einer Konjunkturkrise zusammen­fällt, dann ist echt Feuer am Dach.

Die US-Automobilindustrie hat vor drei Wochen einen Zuschuss von 25 Milliarden US-Dollar verlangt, vor einer Woche 34 Milliarden US-Dollar. Na, wie viel werden es in acht Wochen sein? (Ruf bei der SPÖ: 120!) – Diese Autos sind so gut wie unverkäuflich! Ich möchte diese Entscheidungen nicht zu treffen haben: unverkäufliche Autos zu stüt­zen – oder andererseits Millionen von zusätzlichen Arbeitslosen zu riskieren.

Aber die österreichische Post sollte sich vielleicht auch überlegen – das betrifft die Führung genauso wie die Gewerkschaften –, ob sie nicht rechtzeitig auf die neue Si­tuation reagieren sollte, bevor beides zusammentrifft und man mit dem Rücken zur Wand steht. (Beifall bei den Grünen.)

„Österreich droht ,schwere Rezession’“ – „Die Presse“ von heute, Mittwoch, dem 10. Dezember. Wenn Sie diese Konjunkturprognosen verfolgen – sagen wir, von mir aus, nur seit Juni –, dann werden Sie feststellen, dass diese einen einheitlichen Trend aufweisen, nämlich wohin? – Von Prognose zu Prognose werden die Werte zurückge­nommen! Und das, was hier angekündigt wird, ist mit Sicherheit die schwerste Rezes­sion seit 1975, wenn es nicht noch deutlicher ist. Und da reden Sie von Optimismus,


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