Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll10. Sitzung / Seite 119

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Gerade diese Geschwindigkeit führt uns fast lehrbuchhaft vor Augen, wie verwoben und gleichzeitig auch zerbrechlich die einzelnen Volkswirtschaften und letztendlich auch das Gesamtsystem sind.

Die technischen Errungenschaften wurden voll genützt, nicht nur Waren und Dienst­leistungen wurden und werden über den Erdball geschickt, sondern auch das Kapital, Derivate, Wertpapiere, die eben nicht immer reale Werte repräsentieren. Es ist tatsäch­lich so etwas wie ein globales Spiel entstanden, für das es aber keine ausreichenden Spielregeln gibt. Die Rahmenbedingungen und Kontrollmechanismen haben sich als bei Weitem unzureichend erwiesen. Aber es ist dies ein Spiel mit sehr, sehr ernsten Auswirkungen. Abertausende Arbeitsplätze sind verloren gegangen. Durch Kaufkraft­verlust, Nachfragerückgang, Kündigungswellen – der Herr Bundeskanzler hat diesen Kreislauf sehr eindrucksvoll dargestellt – ist uns vor Augen geführt worden, dass das freie Spiel der Kräfte, die ungezügelten Mechanismen der freien Märkte einfach ver­sagt haben.

Der freie Markt kann nur dann auf Dauer und für alle oder zumindest viele wohlstands­bildend sein, wenn ihm ein passender Rahmen gegeben wird. Dieser Rahmen muss sowohl inhaltlich als auch geographisch passend sein und darf nicht vor den Staats­grenzen oder, wie Sie sagen, vor den Grenzen der Vaterländer haltmachen, denn das Kapital tut das ja auch nicht. Diesen Rahmen zu bilden, das ist die große Herausfor­derung der Europäischen Union.

Es geht, da möchte ich auch dem Herrn Kollegen Schüssel zustimmen, nicht darum, die Symptome zu bekämpfen, sondern es geht darum, das an den Wurzeln anzupa­cken. Und nur dann, wenn das gelingt, wird das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die europäischen Institutionen wieder hergestellt werden können.

Ich setze auch – jetzt unternehme ich wiederum einen Ausflug in die Vereinigten Staa­ten von Amerika (Abg. Scheibner: Passen Sie auf, dass Sie nicht dort bleiben – bei den Visabestimmungen!) – große, wenn auch keine übertriebenen Hoffnungen in den neuen Präsidenten, Barack Obama, dass sich auch im sogenannten Mekka des freien Marktes ein Umdenkprozess einstellt und auch dort der Staat verstärkt seine Verant­wortung wahrnimmt und verstärkt regulierend eingreift (Abg. Ing. Westenthaler: Der Kreisky wird schon eifersüchtig!), damit es nicht noch einmal passiert, dass das Sys­tem in solch eklatanter Weise aus den Angeln gehoben wird.

Die Hoffnung auf eine neue Ära, auf eine neue Ära der internationalen Beziehungen lebt generell, um weltumspannende Probleme gemeinsam und damit überhaupt lösen zu können – und auch, um dem Friedensprozess in Krisenherden, wie dem Nahen Os­ten, neue Dynamik zu geben. Gerade das unermessliche menschliche Leid in Gaza ist eine immense Herausforderung für die internationale Staatengemeinschaft. Das, was dort der betroffenen Zivilbevölkerung angetan wurde, ist wirklich – und da hat UNO-Ge­neralsekretär Ban Ki-moon wirklich die richtigen Worte gefunden – herzzerreißend.

Die Resolution des UN-Sicherheitsrates, die unter maßgeblicher Beteiligung Öster­reichs zustande gekommen ist, hat hier eine ganz wichtige Signalwirkung. Wir wissen allerdings, dass die gegenwärtige Waffenruhe auf sehr tönernen Beinen steht. Nun ist alles daranzusetzen, um im Sinne dieser Resolution zu einer dauerhaften Waffenruhe zu kommen, die die Beendigung der Militäraktion Israels im Gaza-Streifen ebenso mit einschließt wie die Einstellung der Raketenangriffe der Hamas auf Israel, ebenso wie die Unterbindung des Waffenschmuggels und – ganz, ganz wichtig! – eine dauerhafte Wiedereröffnung der Grenzen.

Es kann nicht hingenommen werden, dass die Menschen in Gaza wie in einem Ge­fängnis leben und von den Gütern des täglichen Bedarfs abgeschnitten sind. Diese Blockaden sind unverzüglich aufzuheben.

 


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