worden, die das sehr drastisch beschreibt: Selbst ohne Gasstreit, selbst wenn alles glattgeht, wenn alle Transitländer dieser Welt sich kooperativ verhalten, ist dieser Gasweg nicht mehr weiter begehbar. Die Gasabhängigkeit in der Europäischen Union wird selbst ohne Streitigkeiten, wenn alles glattgeht, wenn es keine Konflikte und auch sonst nichts gibt, um 70 Prozent steigen. Die eigenen Reserven werden zu Ende gehen, in Norwegen spätestens in 20 bis 25 Jahren. Russland wird sehr viel mehr Gas selbst brauchen, wird sehr viel Geld brauchen, um Gas zu fördern, und wird auch versuchen, das zu kriegen. (Abg. Ing. Hofer: Aber Sie heizen ja auch !)
Die Leitungen durch die Ukraine sind absolut veraltet, stellt diese Studie fest, und der Succus heißt: Wenn der Weg so weitergegangen wird wie bisher, wird das Gas für die Bedürfnisse Europas weder erhältlich noch lieferbar sein. – Also was ist jetzt naiv, oder was ist nicht realistisch?
Ihre große Hoffnung ist die „Nabucco“-Pipeline. Was ich bis heute nicht ganz verstehe, ist, warum sie diesen Namen aus der Opernliteratur trägt. (Abg. Mag. Kogler: Weil sie da alle im Gefangenenchor singen!) – „Gefangenenchor“ ist ein gutes Stichwort!
In diesen Gefangenenchor können wir bald einstimmen, denn diese „Nabucco“-Pipeline – das sagt auch A. T. Kearney, ein Unternehmensberatungs-Unternehmen, in aller Drastik und in aller Härte – wird die Abhängigkeit Europas vom russischen Gas um nur 5 Prozent reduzieren – um „ganze“ 5 Prozent! Das Projekt kostet allerdings – und das haben Sie heute verschwiegen – 5 Milliarden €. Selbst wenn man den „North Stream“, den „South Stream“ und „Nabucco“ realisiert, mit einem wahnsinnigen, einem unfassbaren finanziellen Aufwand, den ja auch jemand zahlt, nämlich die Gaskunden, die Stromkunden, also eigentlich die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler Österreichs und der Europäischen Union, selbst dann, wenn man all diese Projekte realisiert, ist es nicht einmal die Hälfte des Zuwachses bis 2020, der damit transportiert werden kann.
Das sind ganz simple Rechnungen. Also was ist hier realistisch oder was ist hier naiv? Ich sage, das ist naiv: sich auf „Nabucco“ zu verlassen, sich darauf zu verlassen, dass Putin vielleicht nicht an einem Gaskartell arbeitet, vielleicht nicht mit allen Gas exportierenden Staaten bereits darüber nachdenkt, wie man die Ära des – wie er es nennt – billigen Gases beenden wird. – O-Ton Putin. Darauf können Sie sich verlassen. Das wird geschehen. Eine Abhängigkeit vom russischen Gas über die Ukraine gegen eine Abhängigkeit von den kaspischen Staaten oder von Ahmadinejad mit seinem Atomprogramm einzutauschen, das nenne ich naiv, und das ist tatsächlich naiv und alles andere als zukunftssicher. (Beifall bei den Grünen.)
Was Sie heute verschwiegen haben, was aber wichtig ist, ist, was Sie tatsächlich vorhaben. Sie haben als energiepolitischen Ausweg tatsächlich nicht nur diese Pipelines vor, nicht nur die Tauerngasleitung, sondern neben der Abhängigkeit im Bereich Heizen – 1 Million Haushalte heizen mit Gas – soll die Abhängigkeit im Bereich Stromerzeugung in Österreich massiv in Richtung Gasabhängigkeit ausgeweitet werden, mit dem Bau von sage und schreibe elf sehr großen neuen Gaskraftwerken, die zusammen drei Viertel des jetzigen Gasverbrauches verbrauchen würden, wenn man sie realisiert – 75 Prozent! Klagenfurt Ebenthal – sehr umstritten –, Mellach in der Steiermark – übrigens der größte anzunehmende Unsinn, den man überhaupt planen kann: Die Abwärme soll nicht einmal genutzt werden, sondern über die Mur und über die Luft, also über die Atmosphäre abtransportiert werden. Eine einzige Stunde Mellach braucht so viel Gas wie hundert Haushalte ein ganzes Jahr.
Damit und auch mit diesen unglaublichen Summen, die Sie da investieren wollen – 5 bis 6 Milliarden € –, zementieren Sie nicht nur die Abhängigkeit im Wärmebereich ein, sondern Sie führen Österreich auch in eine neue Abhängigkeit im Bereich Stromversorgung. Das ist nicht nur unvernünftig, sondern das ist politisch in höchstem Maße ver-
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