Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll14. Sitzung / Seite 300

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Begründung

Nach der Nationalratswahl 2008 wurde klar, dass die Briefwahl kein Segen für unsere Demokratie darstellt. Es wurden Briefwahlkarten, die bei der Post hinterlegt wurden, nicht mehr aufgefunden. Auf der Verständigung der Hinterlegung wurde schließlich von Mitarbeitern der Post „nicht auffindbar“ vermerkt. Briefwahlkarten konnten per Post durch die so genannten „Schummelwähler“ nach der ersten Hochrechnung und dem Schließen der letzten Wahllokale um 17 Uhr aufgegeben werden. Weiters wurden Briefwahlkarten ohne Stimmzettel zugesandt.

Der Art. 23a Abs. 1 B-VG ist in Verbindung mit dem Art. 1 B-VG zu sehen, welcher be­sagt, dass Österreich eine demokratische Republik ist und dass das Recht vom Volk aus geht ist i.V.m. Artikel 189 EGV zu sehen, welcher darlegt, dass das Europäische Parlament aus Vertretern der Völker besteht der in der Gemeinschaft zusammenge­schlossen Staaten. Die Aufgaben des Europäischen Parlaments können daher nur durch vom Volk gewählte Repräsentanten geschehen.

Gemäß Art 23a Abs. 1 B-VG werden die Mitglieder des Europäischen Parlaments auf Grund des gleichen, unmittelbaren, persönlichen, freien und geheimen Wahlrechts ge­wählt. Der Art. 23a Abs.1 B-VG ist im Zusammenhang mit dem Artikel 2 Ziffer 1 Richt­linie 93/109/EG zu sehen, der festhält, dass die Wahlen zum Europäischen Parlament allgemeinen und unmittelbar zu sein haben.

All diese im B-VG, im EG-Vertrag und in der Richtlinie 93/109/EG festgeschrieben Grundvoraussetzungen, besser gesagt Garantien, um Wahlen nach demokratischen Prinzipien durchzuführen, werden durch den Antrag 425/A von den Abgeordneten Karlheinz Kopf und Dr. Josef Cap aufgeweicht und dadurch stark beschädigt.

Am stärksten werden folgende Prinzipien des Wahlrechts beschädigt:

Das allgemeine Wahlrecht (26 Abs. 1 und 4 B-VG, Art. 8 Staatsvertrag von Wien und Artikel 2 Ziffer 1 Richtlinie 93/109/EG) durch verloren gegangene Briefwahlkarten und nicht zugestellte Stimmzetteln. Das bedeutet, dass alle Staatsbürger das Recht zu wählen und gewählt zu werden nicht uneingeschränkt ausüben können.

Das freie Wahlrecht (Art. 26 Abs. 1 B-VG, Art. 8 Staatsvertrag von Wien und Art. 3 1. Zusatzprotokoll der Menschenrechtskonvention) wird dadurch verletzt, dass die demo­kratische Willensbildung und dass der Wahlberechtigte seine politische Überzeugung möglichst unbeeinflusst von äußerem Zwang und unzulässiger Beeinflussung, was bei einer Stimmabgabe nach der ersten Hochrechnung möglich wäre, nicht Ausdruck ver­leihen kann. Weiters wird nicht gewährleistet, dass politische Gruppierungen frei und ungehindert um die Zustimmung der Bevölkerung werben können. Auch das wird nicht gewährleistet, da die erste Hochrechnung wohl für so manche Briefwahlwähler aus­schlaggebend ist, wem sie ihre Stimme geben werden.

Das geheime Wahlrecht (Art. 26 Abs. 1 B-VG, Art. 8 Staatsvertrag von Wien und Art. 3 1. Zusatzprotokoll der Menschenrechtskonvention), wird dadurch verletzt, weil nicht ga­rantiert werden kann, dass die Abgabe in einer für die Wahlbehörde und die Öffentlich­keit nicht erkennbare Weise geschieht.

Mit diesem Abänderungsantrag sollen genau diese Lücken in der Ausübung des allge­meinen, freien und geheimen Wahlrechts, die durch die Briefwahl im Inland entstehen, geschlossen und die Prinzipien des Wahlrechts wieder gefestigt werden.

Bezüglich der Briefwahl im Ausland wird mit dieser Abänderung des Antrages sicher­gestellt, dass es auch hier, durch die 24 Stunden Frist, keine „Schummelwähler“ mehr geben kann.

 


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