Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll16. Sitzung / Seite 169

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eingebracht in der Sitzung vom 11.03.2009 im Zuge der Debatte zum dringlichen An­trag „Bildungsmilliarde“ Teil 1: Erhöhung des Bildungsbudgets um 525 Millionen Euro für 2009 und 2010 – Budgetgarantie für Bildungsreformen

In krisenhaften Zeiten wird von Politkern immer wieder gerne wiederholt die Sorge um Arbeitsplätze geäußert und die gemeinsame Kraftanstrengung zur Sicherung dersel­ben beschworen. Die Aussage von Finanzminister Josef Pröll: „In Zeiten der Wirt­schaftskrise muss die Politik alles tun, um Arbeitsplätze zu sichern“ impliziert den Wil­len nach umfassenden Anstrengungen. Um Synergieeffekte zu erzeugen und konjunk­turelle Maßnahmen derart zu platzieren, dass sie nachhaltig für die Zukunft wirken und nicht in einer einmaligen Aktion verpuffen, stellt das Schulwesen den wirkungsmäch­tigsten Bereich dar. Abgesehen davon, dass eine Generalreform des österreichischen Schulsystems sowieso mehr als überfällig ist, sind entsprechende Investitionen in die­sen Bereich mit Sicherheit als das nachhaltigste Konjunkturpaket für die österreichi­sche Wirtschaft überhaupt zu bezeichnen. Um den Wirtschaftsstandort Österreich mit gut ausgebildeten Menschen auch langfristig versorgen zu können, müssen bildungs­politische Maßnahmen gesetzt werden, die geeignet sind, dies für die Zukunft zu ga­rantieren. Drei Bereiche sind dafür von besonderer Bedeutung:

I. Der Arbeitsplatz Schule braucht Raum

Durchschnittlich unterrichten die OECD-Lehrer im Primarbereich 812 (Zeit)–Stunden, die Spannweite reicht jedoch von 650 Stunden (Dänemark) bis 1080 (USA). Österreich liegt mit rund 800 Stunden im Durchschnitt. Im Sekundarbereich II liegt die Spannbreite von 364 (Dänemark) bis 1.080 (USA) durchschnittlich sind es 667 Stunden. Österreich liegt auch hier mit rund 600 Stunden am Schnitt. Laut OECD – Bericht beträgt die Net­to-Unterrichtszeit der Lehrer in Österreich pro Jahr in den einzelnen Bereichen Primar­bereich 774, Sekundarbereich I 607, Sekundarbereich II 589 Nettounterrichtsstunden pro Jahr. Bei einer nach der Arbeitszeitstudie „LehrerInn 2000“ ausgewiesenen Jahres­arbeitszeitleistung der österreichischen Lehrer von rund 1.800 Stunden bedeutet dies, dass die österreichischen Lehrer signifikant weniger als die Hälfte ihrer Arbeitszeit bei den Schülern verbringen. (Primarbereich 43%, Sekundarbereich I 33,7% Sekundarbe­reich II 32,7%).

Um jedoch wie andere Arbeitnehmer einen Arbeitstag von zumindest acht Stunden auch in der Schule effizient verbringen zu können, bedarf es einer adäquaten Gestal­tung des Arbeitsplatzes Schule.

Der „Arbeitsplatz Schule“ wurde bis vor kurzem von den politisch Verantwortlichen nicht als Problem wahrgenommen und dementsprechend stiefmütterlich behandelt. Erst mit dem Schulgipfel vom 31.03.2008 zum Thema "Lebensraum Schule – Arbeits­platz Schule" wurde dieser Bereich umfassend thematisiert. Eine Online-Befragung von Lehrerinnen und Lehrern durch den Unternehmensberater Deloitte ergab, dass hinter den schlechten Imagewerten des Lehrerbildes insgesamt und der Nichteinbindung der Lehrer in Reformvorhaben die Kritik am persönlichen Arbeitsplatz an dritter Stelle steht. Besonders betont wurde die Unmöglichkeit, sich für individuelle Arbeiten an der Schule zurückziehen zu können und die schlechte Ausstattung des Arbeitsplatzes an der Schule. Die Expertenkommission „Zukunft Schule“ formuliert die Vorstellung vom Ar­beitsplatz Schule sehr klar:

„Der Arbeitsplatz des Lehrers/der Lehrerin sollte – als Zielvorstellung – in erster Linie die Schule sein. In der Schule soll künftig nicht nur die Unterrichtstätigkeit stattfinden, sondern zunehmend auch die Vorbereitung des Unterrichts, alleine ebenso wie im Team, Beratungsgespräche mit Eltern und SchülerInnen, Schulentwicklungstätigkeit, Evaluationen, Konzeptionen u. a. m. Dazu bedarf es angemessener Einzelarbeits­plätze für LehrerInnen sowie Räumlichkeiten für Teamsitzungen oder Besprechungen und der notwendigen Ausstattung wie z. B. Internetzugänge, Fachbibliotheken u. a. m.“

 


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