Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll17. Sitzung / Seite 63

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gefunden haben, Wurzeln geschlagen haben. Deshalb diskutieren wir heute im Parlament über das Bleiberecht. (Beifall bei den Grünen.)

Stellen Sie sich vor, Sie wären in Georgien geboren, Sie wären georgischer Staats­bürger, Sie würden sich politisch engagieren, Sie würden es wagen, die Regierungs­partei zu kritisieren (Abg. Scheibner: Der kriegt ja Asyl!), Sie würden willkürlich festgenommen, bedroht, körperlich verletzt werden, Sie würden flüchten in ein anderes Land, beispielsweise nach Österreich! (Abg. Strache: Warum nicht nach Russland? Warum nach Österreich? – Weitere Zwischenrufe bei der FPÖ.) Das ist übrigens ein ganz konkreter Fall einer Familie in Salzburg, die im Jahr 2002 eingereist ist – ich betone: im Jahr 2002 (Abg. Großruck: Das ist eine falsche Aussage! – Abg. Scheibner: Da kann man gar nicht mehr zuhören!), vor sieben Jahren –, inzwischen zum dritten Mal einvernommen wurde, weil ihr Asylantrag mit fadenscheinigen Argumenten zwei Mal abgelehnt wurde, ihrer Berufung vom Unabhängigen Bun­desasylsenat zwei Mal stattgegeben wurde, wobei der Bundesasylsenat gesagt hat, es war nicht richtig, dass ihr Asylantrag abgelehnt wurde, wobei ihnen Recht gegeben wurde. Und nach sieben Jahren – nach fast sieben Jahren legaler Beschäftigung und Steuerzahlens – steht diese Familie noch immer in der Warteschleife und weiß nicht, ob sie nächstes Jahr noch in Österreich sein darf. – Deshalb diskutieren wir heute im Hohen Haus über das Bleiberecht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Strache: ... zu Hause eine Zukunft aufbauen! ... in ihrer Heimat eine Zukunft aufbauen!)

Sehr geehrte Damen und Herren, sehen wir doch den Tatsachen ins Auge! Wir haben in Österreich mehrere Hundert, vielleicht ein paar Tausend Familien, die sehr gut integriert sind, die hier leben, die sich hier etabliert haben. Wir haben 6 000 Asyl­anträge, die länger als fünf Jahre dauern. Wissen Sie, wie lang fünf Jahre sind? Das sind mehr als 1 800 Tage! (Abg. Mag. Stefan: Mit Versorgung! Versorgte Tage! – Abg. Strache: Versorgte Tage!) Stellen Sie sich bitte vor, jeder und jede Einzelne von Ihnen, dass Sie 1 800 Tage lang im Ungewissen gehalten werden, dass Sie arbeiten, Steuern zahlen, dass Ihre Zukunft aber ungewiss ist! Stellen Sie sich das vor!

Wir haben über 4 000 Asylverfahren beim Verwaltungs- und Verfassungsgerichtshof, die sich über Überlastung beschweren. Das heißt, wir haben Probleme im Bereich des Bleiberechts. Und eine verantwortungsbewusste Regierung würde sagen: Jawohl, wir entwickeln Lösungsvorschläge, wir entwickeln Lösungen! Denn: Integrierte Familien lösen sich, sehr geehrte Damen und Herren, nicht einfach in Luft auf, weil die Bun­desregierung unfähig ist, sich Lösungen auszudenken. (Abg. Großruck: Aber viele wollen sich gar nicht integrieren!)

Das ist die Tatsache, mit der wir hier zu tun haben. Deshalb haben wir Grüne vor­geschlagen, dass bei Asylverfahren von Menschen, die mitgewirkt haben im Asylver­fahren, die also unverschuldet lang im Asylverfahren sind, die sich nichts haben zu­schulden kommen lassen, nach drei Jahren ein Bleiberecht gegeben wird. (Abg. Mag. Stefan: ... die Staatsbürgerschaft! – Abg. Dr. Graf: Wieso gerade drei Jahre? Was ist der Grund für drei Jahre?) Das ist der grüne Vorschlag für ein Bleiberecht – von dem Sie ständig behaupten, alle immer nur rein, und alle, die irgendwie da sind, auch Touristen, sollen ein Bleiberecht bekommen. Das ist überhaupt nicht richtig! (Beifall bei den Grünen.)

Es wäre notwendig, reinen Tisch zu machen. Es wäre notwendig, endlich dieser Zer­mürbungstaktik ein Ende zu setzen (Abg. Strache: Es wäre wirklich notwendig, dem Missbrauch ein Ende zu setzen!), diesem Schwebezustand, in dem sich Tausende Menschen befinden, die sich in Österreich nichts, aber auch gar nichts haben zu­schulden kommen lassen.

 


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