Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll17. Sitzung / Seite 213

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Ich möchte anerkennen, dass es hier im Parlament schon öfters Initiativen, Gesetzes­initiativen, gegeben hat, das Problem Unrechtsurteile der NS-Zeit aufzuarbeiten, in den letzten Jahren hat es aber auch Anfragebeantwortungen aus dem Justizministerium gegeben, aus denen wieder klar ersichtlich wurde, dass es immer noch Lücken bei der Aufhebung von NS-Unrechtsurteilen gibt. Im Kern geht es einerseits um die Opfer der NS-Militärjustiz und andererseits um die Opfer der Entscheidungen hinsichtlich Zwangs­sterilisation.

In der NS-Zeit sind in Österreich rund 6 000 Zwangssterilisationen vorgenommen wor­den. Es hat schon genügt, dass man eine vermeintliche Krankheit wie – das wurde damals so genannt – Schwachsinn, Schizophrenie, manisch-depressives Irresein, aber auch Epilepsie, Chorea Huntington, Blindheit, Taubheit, körperliche Missbildungen oder Alkoholismus hatte, um vom NS-Regime verfolgt zu werden und dann auch eine Entscheidung auf Zwangssterilisation zu bekommen.

Ich möchte aus einer Entscheidung zitieren, weil diese, so glaube ich, sehr gut zeigt, wie diese Fälle damals ausgesehen haben. Es geht um die damals 21-jährige Her­mine B. – das war 1941. Damals hat das Erbgesundheitsobergericht Folgendes ent­schieden:

Bei der Beantragten handelt es sich um einen Schwachsinn, der sich hauptsächlich auf moralischem Gebiet auswirkt. Die Schulleistungen der Betroffenen waren unter dem Durchschnitt, die Lebensbewährung sagt, vollkommen. Wenn sie nicht unter strenger Aufsicht stand, führte sie einen liederlichen Lebenswandel. – Zitatende.

Das hat in der NS-Zeit genügt, um zwangssterilisiert zu werden.

Ich glaube, ich kann davon ausgehen, es gibt Konsens dahin gehend, dass derartige Urteile durch den Gesetzgeber beseitigt werden müssen. Diesen Schritt müssen wir setzen, denn rein formal-juristisch sind diese NS-Unrechtsurteile nach wie vor aufrecht, in Geltung. Ich denke, wir sind es den Opfern des NS-Regimes schuldig, dass wir diese Urteile auch formal beseitigen.

Es ist schade, dass sich niemand von der ÖVP zu diesem Tagesordnungspunkt zu Wort gemeldet hat, meine Einladung geht nämlich auch ausdrücklich an die ÖVP, gemeinsam mit uns diese Sache wirklich in Angriff zu nehmen. Ich möchte auch mit Justizministerin Bandion-Ortner reden und hoffe, da auch das Justizministerium als Bündnispartner zu gewinnen.

Die Regierung hat der Opposition immer wieder versprochen, dass seriöse Initiativ­anträge gerne aufgegriffen und umgesetzt werden. Ich glaube, das ist genau solch ein Anliegen, wo wir gemeinsam jenseits der Parteipolitik einen wichtigen inhaltlichen und symbolischen Schritt setzen können.

In diesem Sinne hoffe ich, dass das der Beginn ist, die Lücken bei der Rehabilitierung der NS-Justizopfer endgültig zu beseitigen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

19.44


Präsident Mag. Dr. Martin Graf: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Pendl. Gewünschte Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


19.44.47

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! (Abg. Mag. Stadler: Wann werden Sie Klubobmann? – Heiterkeit des Redners.) Kollege Steinhauser, es ist das ein umfangreicher Antrag, aber auch ich bin der Meinung, dass man die Fälle, die wir auch aus den Medien kennen, endlich einer Behandlung und der Gerechtigkeit zuführen sollte.

 


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