Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll23. Sitzung / Seite 334

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hat, in der der damaligen Außenministerin ein Misstrauensvotum angedroht wurde, wenn er nicht sofort aus dieser Gefahrenzone befreit werde. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Mag. Lunacek und Dr. Van der Bellen.)

Also, Freunde, bleiben wir ernst, seien wir stolz auf dieses Ministerium, auf seine Beamten und trauen wir uns auch, Herr Dr. Hübner, ein bisschen über den Tellerrand hinaus zu blicken! Ich persönlich glaube nämlich, dass die kommenden zwei Jahre, über die wir jetzt bei den Budgetverhandlungen reden, sehr schwierig werden. Wir haben ja nicht nur die Finanz- und Wirtschaftskrise, sondern wir haben Afghanistan, Pakistan, den Iran, Nordkorea mit seinen unterirdischen Atomversuchen und dem gleichzeitigen Raketenstart, die Probleme in Palästina, die überhaupt nicht gelöst sind, die Probleme in Afrika, wo die Europäische Union immerhin – Gott sei Dank – hilft; wir haben derzeit zwölf militärische Missionen, vier davon in Afrika. – Sollen wir das alles explodieren lassen? Oder haben wir nicht als einer der großen Global Player auch die Aufgabe, Sicherheit und Stabilität zu exportieren, um nicht letztlich Instabilität impor­tieren zu müssen? Gerade Sie werden es – zu Recht – durchaus immer wieder ein­mahnen, dass wir Sicherheit exportieren, und genau das tun wir. Wer kann das besser als eben multilaterale Organisationen wie etwa die Vereinten Nationen oder die Euro­päische Union? Wir dürfen uns daher nicht kleiner machen, als wir sind.

Wir müssen uns gerade mit dem Lissabon-Vertrag auf eine neue Situation einstellen. Gott sei Dank wird es in der Außenpolitik dann keine rotierende Präsidentschaft mehr geben, sondern der Hohe Vertreter – eigentlich der Europäische Außenminister – wird den Vorsitz bei den Außenministern zu führen haben. (Abg. Dr. Königshofer: Wie heißt der?) Er wird gleichzeitig als Vizepräsident in der Kommission sitzen. Die Doppel­gleisigkeit, dass die Kommission das Geld hat und der Hohe Vertreter des Rates quasi die Legitimation von den Mitgliedstaaten, hört dann auf. Das wird zusammengeführt. Es wird zum ersten Mal ein Europäischer Diplomatischer Dienst aufgebaut – und das ist sinnvoll. Wir Österreicher sollten dabei sein, aktiv mitarbeiten, gute Leute dorthin schicken, damit insgesamt die Ziele, die wir uns gemeinsam vorgenommen haben, auch erreicht werden können.

Ich persönlich glaube – auch ein paar Tage vor der Europawahl –, dass Europa dabei eine ganz besondere Rolle zukommt – und zwar für jeden Bürger – im Normen-Setzen. Zum Beispiel: Es macht ja keinen Sinn, dass jedes Land einen eigenen Stecker entwickelt, dass die Industrie auf der ganzen Welt unterschiedliche Standards hat. Die Europäische Union ist derzeit einer der wichtigsten Standard- und Normensetzer weltweit; besser als die Amerikaner aufgestellt, nebenbei bemerkt.

Im Konsumentenschutz: Wer war es denn, der Bleirückstände in Spielzeug für Kinder aufgedeckt und verboten hat? – Die Europäische Kommission! Gott sei Dank haben wir sie! Oder: Als vor einiger Zeit der Heparin-Skandal aufgedeckt wurde, wonach ver­seuchte oder kontaminierte Wirkstoffe zu Todesfällen in Amerika geführt haben. – Kein Land der Welt kann das heute noch allein schaffen. Das große Deutschland hat gerade einmal zwei Gesundheitsinspektoren, die die 4 000 chinesischen Firmen durch Stich­proben kontrollieren können. Zweimal im Jahr fahren sie dorthin. – Sie können sich ausmalen, was das bedeutet. Da kann nur eine starke Union in unser aller Interesse wirken – für den Konsumentenschutz, für das Normen-Setzen.

Oder, was die Finanzregeln betrifft: Gott sei Dank hat sich beim G-20-Gipfel in London die Linie der Union durchgesetzt. Wir sollten dafür sorgen – und das ist sicher auch eine Bitte an den Außenminister, an den Finanzminister und an den Bundeskanzler –, dass das jetzt nicht erlahmt. Ich habe schon das Gefühl, dass manche – an der Wall Street und auch in der Londoner City – schon wieder anfangen, zum Business as usual überzugehen. Das brauchen wir alles nicht. Da gilt es, wachsam zu sein und die Kraft


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