Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll29. Sitzung / Seite 198

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

werden, insbesondere bei einem Wohnortswechsel ins Ausland. Ferner sollten gewisse Behörden (so beispielsweise die Schule) verpflichtet werden, systematisch beide Elternteile zu informieren. Empfohlen wurde auch ein konsequenter Gebrauch von Arti­kel 292 StGB und Bußen bei Missachtung des Besuchsrechts durch jenen Elternteil, bei dem das Kind lebt. Der Vollzug sollte ganz generell verbessert werden, nötigenfalls mittels Androhung pekuniärer Nachteile. Angeregt wurde ferner, das Besuchsrecht als Verpflichtung auszugestalten. Verlangt wurde auch eine großzügigere Ausgestaltung des Besuchsrechts. Ebenfalls ein Thema waren die Beratung und Mediation, allenfalls auch gegen den Willen der Beteiligten.

Rechtsvergleichung und Verhältnis zum internationalen Recht

Rechtsvergleichung

Die allgemeine Entwicklung in Europa geht in Richtung einer Verbesserung der recht­lichen Situation des Vaters, und zwar auch dann, wenn dieser nicht mit der Mutter ver­heiratet ist. Im Allgemeinen bevorzugen die europäischen Gesetzgeber die gemein­same Ausübung der elterlichen Sorge sowohl für die geschiedenen als auch für die nicht miteinander verheirateten Eltern. Die Modalitäten der gemeinsamen Ausübung des Sorgerechts sind jedoch je nach Land sehr unterschiedlich ausgestaltet.

Deutschland

Die Eltern üben nach der Scheidung die elterliche Sorge weiterhin gemeinsam aus. Auch das Obhutsrecht steht den Eltern gemeinsam zu. Das Gericht kann die Beendi­gung der gemeinsamen elterlichen Sorge in zwei Fällen verfügen: auf gemeinsamen Antrag der Eltern hin (wobei ein Kind, das älter als 14 Jahre ist, dies durch seinen Widerspruch verhindern kann), oder wenn das Kindesinteresse dies verlangt. Um an­dauernde Konflikte zwischen den Eltern über die Ausübung der elterlichen Sorge zu vermeiden, sieht das Gesetz eine Aufteilung der Kompetenzen vor. Danach müssen Eltern Entscheide von erheblicher Bedeutung für das Kind gemeinsam fällen. Dagegen trifft derjenige Elternteil, der die Obhut über das Kind hat, die Entscheidungen des täg­lichen Lebens allein.

Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet, steht ihnen die elterliche Sorge gemein­sam zu, nachdem sie vor oder nach der Geburt vor einem Notar oder beim Jugendamt eine entsprechende Erklärung abgegeben haben. Die gemeinsame elterliche Sorge hängt nicht vom Zusammenleben der Eltern ab. Die Behörde, welche die Erklärung entgegennimmt, ist nicht berechtigt, die Opportunität dieser Lösung zu überprüfen. Sie muss die Erklärung entgegennehmen. Sie prüft auch nicht, ob die gemeinsame elter­liche Sorge im Interesse des Kindes liegt. Wenn die Eltern keine gemeinsame Erklä­rung abgegeben haben, obliegt die elterliche Sorge ausschließlich der Mutter. Der Va­ter hat das Recht auf persönlichen Verkehr mit dem Kind.

Belgien

Im Falle einer Scheidung kommt die elterliche Sorge dem Vater und der Mutter ge­meinsam zu, unabhängig davon, ob die Eltern zusammenleben oder nicht. Vorausge­setzt ist indessen, dass kein anderslautendes Gerichtsurteil vorliegt. Die Eltern müssen sich über die Obhut sowie über die wichtigen Entscheide für das Kind verständigen. Fehlt eine Vereinbarung oder widerspricht sie den Interessen des Kindes, kann das Gericht die elterliche Sorge ausschließlich dem Vater oder der Mutter zuteilen. Der Elternteil ohne Sorgerecht hat Anspruch auf persönlichen Verkehr mit dem Kind.

Sind die Eltern nicht miteinander verheiratet und ist das Kindesverhältnis zu beiden Eltern hergestellt, üben sie gemeinsam die elterliche Sorge aus, und zwar unabhängig davon, ob sie zusammenleben oder nicht. Wie bei der Scheidung kann das Gericht die elterliche Sorge einem Elternteil allein zuweisen.

 


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite