Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll29. Sitzung / Seite 278

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Verein jedes Vereinsmitglied durch demokratische Mitwirkung in den Organen dafür sorgen kann, wie die Gelder verwaltet werden, von wem sie verwaltet werden und aus­gegeben werden und wie diese Ausgaben kontrolliert werden. Das kann man in der römisch-katholischen Kirche so nicht. Daher hinkt der Vergleich mit dem Verein etwas.

Umgekehrt soll es so sein, dass die katholische Kirche angehalten sein sollte, die Wid­mungsmöglichkeiten zu verbreitern, und sich nicht sozusagen nur auf das, was in den Ordinariaten Mainstream ist, zu reduzieren. Wenn man also bereit ist, die volle Breite des Meinungsspektrums in der katholischen Anhängerschaft auch in den Widmungs­möglichkeiten widerzuspiegeln, dann soll es so sein, dass auch die Klagbarkeit beibe­halten wird. Wenn das nicht der Fall ist, dann bin ich wirklich dafür, die Klagbarkeit zu beseitigen.

Glauben Sie mir, es gibt kaum eine Abgabe, die dermaßen unpopulär ist wie der Kir­chenbeitrag (Beifall beim BZÖ), und da ist die katholische Kirche zum erheblichen Teil sogar selbst schuld daran, dass das so ist. Es kommt also darauf an, wie gesprächs­bereit man hinsichtlich der Verbreiterung der Widmungsmöglichkeiten ist.

Ein letzter Satz noch an Sie, Frau Bundesminister: Es wird sich der eine oder andere wundern, warum man das überhaupt im Unterrichtsausschuss diskutiert. Der Hinter­grund ist der: weil die Frau Bundesminister für Kultusangelegenheiten zuständig ist.

Nun ist das eine Abteilung, die im Ministerium so gut wie nie auffällt. Das ist eine Ab­teilung, die nicht wirklich sozusagen zu den karriereträchtigen Abteilungen Ihres Minis­teriums gehört, wenn ich das einmal elegant formulieren darf. Es ist eine sehr ruhige Kugel, die man dort schiebt, weil im Grunde das Ganze nur Formalakte sind, die dort stattfinden.

Aber man hat es sich zur Angewohnheit gemacht, die Dinge allzu locker zu nehmen. Meine Damen und Herren, da sei jetzt einmal hier in Richtung römisch-katholische Kir­che gesagt: Alle Kirchenbeitragsvorschreibungen der letzten Jahre, wenn nicht sogar Jahrzehnte – ich habe es nicht untersucht, wie weit zurückreichend –, aber jedenfalls alle Kirchenbeitragsvorschreibungen innerhalb der Verjährungszeiträume haben keine hinreichende gesetzliche Deckung.

Warum nicht? – Man hat es sich nämlich zur Angewohnheit gemacht, im Unterrichtsmi­nisterium in der Abteilung für Kultusangelegenheiten die Kirchenbeitragsordnungen nur mehr zur Kenntnis zu nehmen und nicht, wie es der § 3 Abs. 2 des Kirchenbeitragsge­setzes aus dem Jahre 1939 vorsieht, sie zu genehmigen.

Nun kann man sagen: Das ist ein unnötiger Formalismus! Aber so ist das nun einmal im Rechtsstaat: Eine Genehmigung, meine Damen und Herren, ist keine Kenntnisnah­me! Wenn ich eine Baugenehmigung brauche, dann genügt es nicht, wenn ich dem Herrn Bürgermeister und seiner Gattin das Bauprojekt zur Kenntnis bringe und sage: Das haben der Herr Bürgermeister und seine Gemahlin eh daheim bei Kipferl und Kaffee diskutiert! Der Bürgermeister hat es ja eh zur Kenntnis genommen!

Wenn der Herr Bezirkshauptmann eine Betriebsanlagengenehmigung zu erteilen hat, dann genügt es nicht, wenn der Herr Bezirkshauptmann das Projekt zur Kenntnis ge­nommen hat. Genauso ist es mit den Kirchenbeitragsordnungen. Nach wie vor, Herr Kollege Mayer, spricht das Gesetz von Genehmigung, und zwar sind auch die Ände­rungen zu genehmigen.

Genehmigt wird aber gar nichts mehr – seit Jahr und Tag! Ich habe nämlich gestern so einen Fall vor einem Bezirksgericht vertreten und weiß: Seit Jahr und Tag wird nur mehr zur Kenntnis genommen. Und der Bischof von Linz hat sich – ich möchte es jetzt elegant sagen – nicht gescheut, das Dokument auch noch vorzulegen, wo das drinnen


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