Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll44. Sitzung / Seite 26

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Ich hatte das Gefühl, dass viele Weichen falsch gestellt und viele Chancen verspielt wurden, und das Resultat dieser schmerzhaften Erfahrung ist ein Misstrauensantrag, der einem insbesondere dann leichter fällt, wenn man sieht, wie von Regierungsseite, wie von Parteiseite, von Ministerseite Wortmeldungen diversester ExpertInnen – von Rektoren, von Studierenden, von der OECD, von wirklich Betroffenen, die mit beiden Füßen im Leben stehen – unter den Tisch gekehrt werden, wie Kritiker oder Leute, die Anregungen, Vorschläge haben, sofort irgendwo in das Eck der Betonierer, der Unein­sichtigen oder Antimodernisten gestellt werden und die erste Assoziation, die auf Studentenbewegungen – die man sich nur wünschen kann – folgt, eine mit Bierdosen ist. – Das ist infam, das ist falsch und unwürdig. Das stimmt nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe oder wir haben zu lange – und ich verwende jetzt schon ein paar harte Worte – hier das Gefasel über Weltklasse- und Jahrhundertgesetze mitmachen müs­sen – oder dürfen, wie Sie sagen würden. Das war rührend, naiv, blauäugig oder was auch immer, aber es war wenigstens vorgespielt offensiv. Was ich jetzt erlebe, ist eine rein passive, defensive Bildungspolitik, wo Besitzstände verteidigt werden, wo Budgets beschönigt werden, wo getarnt, getäuscht oder gar verleugnet wird.

Ich komme nur ganz kurz auf die 17 Prozent zu sprechen: Man kann sich natürlich immer das schlechteste Budgetjahr aussuchen und dadurch eine Steigerung heraus­holen. Dass diese 17 Prozent aber auf drei Jahre berechnet sind, dass man sie also durch drei dividieren muss und dann kaum 6 Prozent bleiben bei einem Budgetpfad von 2 Prozent des BIP, das wird nicht gesagt. Da kann ich ja auch hergehen und vielleicht Kronen und Taler in Euro umrechnen und sagen: Ja, ich bin der beste Minister! Seit Maria-Theresia ist das Uni-Budget um das Tausendfache gestiegen! – Toll, aber nicht schlüssig, nicht wissenschaftlich. Das sind Tricks, auf die die Leute nicht mehr hereinfallen! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

Wenn aber unter diesen „Weltklasse“-Parolen gleichzeitig Studierenden vermittelt wird, sie seien auf der Universität nicht gewünscht, ja gefürchtet, weil dann das Chaos, weil dann weiß Gott welche Katastrophen ausbrechen, dann ist das eine Optik, die Studie­renden, ihren Eltern und Angehörigen, aber auch dem ganzen Bildungssystem kein gutes Bild gibt – kein gutes Bild! (Beifall bei den Grünen.)

Gleichzeitig mit den „Weltklasse“-Sprüchen verließen viele junge Wissenschaftler Öster­reich Richtung Ausland, weil sie dort bessere, besser dotierte, sicherere und weniger hierarchische Arbeitsbedingungen vorfanden als in Österreich. – Viele kommen nicht mehr zurück! Das sage nicht ich, das sagt nicht die böse Opposition, das sagen alle, die etwas davon verstehen. Das wird ignoriert.

Gleichzeitig kauft man sich teure Legionäre ein, setzt sie nach Gugging auf die Wiese und glaubt, Nobelpreisträger würden wie Manna vom Himmel fallen. – Das ist keine Forschungspolitik! Das ist keine! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Königshofer.)

Dann behauptet eine Wissenschaftssprecherin einer Regierungspartei, die Opposition hätte sich von der Hochschulpolitik verabschiedet. – Von welcher Hochschulpolitik, frage ich Sie? Von einer, die uns in den OECD-Daten über Absolventenquoten eines Jahrgangs auf Platz 30 von 36 Staaten katapultiert?

Dann werden in einer Studie Studierendenzahlen genannt, und das Ministerium macht gleich eine tolle Pressekonferenz, in der gesagt wird, die Studierendenzahlen in Österreich entwickeln sich im europäischen Schnitt. – Schaut man sich die Grafik an, sieht man, es gibt drei Nationen, die von 1996 bis 2006 an der Nulllinie herumgrundeln: darunter Österreich. – Das sind Studien, die grotesk sind, die wissenschaftlich unhalt­bar sind, aber man rühmt sich mit solchen Zahlen!

 


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