Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 97

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Das „Londoner Übereinkommen“ zielt darauf ab, die Kosten zu senken, indem eine kostengünstige Übersetzungsregelung für alle erteilten europäischen Patente einge­führt werden soll. Zu diesem Zweck haben die Vertragsstaaten des Übereinkommens vereinbart, auf die Einreichung von Übersetzungen bereits erteilter Patente in ihrer Landessprache ganz oder weitgehend zu verzichten.

Staaten, die eine Landessprache mit einer der Amtssprachen des EPA (Deutsch, Eng­lisch und Französisch) gemein haben - wie Deutschland, Frankreich, die Schweiz und das Vereinigte Königreich - verzichten vollständig auf die Übersetzungserfordernisse, wenn das Patent in einer dieser Sprachen erteilt wurde. Dies würde im Falle eines Bei­tritts zum „Londoner Übereinkommen“ auch für Österreich zutreffen.

Für europäische Patente, die in englischer oder französischer Sprache erteilt werden, ist nach der derzeitigen Rechtslage beim österreichischen Patentamt eine Übersetzung der Patentansprüche und der Patentbeschreibung vorzulegen und eine Veröffentli­chungsgebühr zu zahlen. Derzeit ist diese Übersetzung hinsichtlich des Schutzumfan­ges des Patents rechtsverbindlich. Durch den Wegfall des Übersetzungserfordernisses beim Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ gäbe es z. T. keine verbindlichen deut­schen Patentbeschreibungen oder Patentansprüche mehr.

Österreichs Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ hätte demnach auch auf österrei­chische Patente Auswirkungen. Auf Grund des erst kürzlich in Kraft getretenen „Lon­doner Übereinkommens“ scheint eine Studie über die Auswirkungen notwendig, bevor ein allfälliger Beitritt Österreichs vorgenommen wird.

Aus diesem Grund stellen die unterfertigten Abgeordneten nachstehenden Entschlie­ßungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie wird aufgefordert, in Form einer Studie bis Jahresende 2010 zu erheben, welche Vor- und Nachteile sich durch den Beitritt zum „Londoner Übereinkommen“ für Österreich und die Nutzer des Patentsystems ergeben.

Die Studie soll auf jeden Fall über folgende Punkte Aufschluss geben:

1) Welche Vorteile und welche Nachteile haben österreichische Firmen vom Beitritt Ös­terreichs zum „Londoner Übereinkommen“?

2) Gibt es entsprechende Kennzahlen oder sind entsprechende Experteninterviews möglich, die belegen, dass in jenen Ländern, in denen das „Londoner Übereinkommen“ bereits in Kraft getreten ist, der Zugang europäischer Firmen, insbesondere von KMUs, zum Patentsystem erleichtert oder verbessert wurde?

3) Wie hat sich das „Londoner Übereinkommen“ an Hand von vorhandenen Kennzah­len in den Ländern ausgewirkt, in denen es bereits in Kraft getreten ist (Der Fokus soll hierbei insbesondere auf denjenigen Staaten liegen, die eine Sprache des Europäi­schen Patentamts als Amtssprache haben)? Welche Auswirkungen zeigen sich in den vorhandenen Kennzahlen in den Ländern, die bisher dem „Londoner Übereinkommen“ nicht beigetreten sind?

4) Welche Gründe werden von denjenigen EPÜ-Ländern angeführt, die dem „Londoner Übereinkommen“ nicht beitreten?

5) Ist ein Beitritt Österreichs zum „Londoner Übereinkommen“ in Hinblick auf die Sprachfassungen von Patentansprüchen und -beschreibungen mit Art. 8 der Bundes­verfassung vereinbar, wonach die deutsche Sprache die Staatssprache der Republik Österreich ist?

 


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