Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 133

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trag des Bundeskanzlers, der deutlich erkennen ließe, dass Steuererhöhungen den Österreicherinnen und Österreichern nicht mehr zumutbar sind ist ebenso ausgeblie­ben wie eine Klarstellung, dass eine solche EU-Steuer – vor dem Hintergrund der Net­tozahlereigenschaft Österreichs – generell nicht in Frage kommen darf.

Wohl als schwerwiegendstes Unvermögen aber ist der Kurs des Kanzlers in Sachen Vertrag von Lissabon zu bezeichnen. Nachdem die SPÖ gemeinsam mit der ÖVP in Österreich eine Volksabstimmung über dessen Ratifizierung verhindert hat, und der Vertrag zwischenzeitlich in Irland gescheitert ist, sahen die Staats- und Regierungs­chefs der Mitgliedstaaten der Europäischen Union – unter ihnen eben auch der öster­reichische SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann – den Reformprozess als nicht been­det an und waren bemüht, den Vertrag von Lissabon trotz der Ablehnung durch die Iren durchzusetzen, was zumindest insofern gelungen ist, als dass die Iren bekanntlich in einem neuerlichen Volksentscheid am 2. Oktober 2009, unter massivem Druck durch das EU-Establishment, einer EU-Propaganda-Show der Sonderklasse und nach ver­schiedenen Zugeständnissen, doch mehrheitlich mit „Ja“ für den Vertrag von Lissabon votierten.

Doch war das für das Vertragswerk nicht die letzte Hürde, behielt sich doch der tsche­chische Präsident Vaclav Klaus vor, den Vertrag mit seiner Unterschrift auch für die Republik Tschechien endgültig zu ratifizieren. Das lag zum einen daran, dass in Tsche­chien erst am 3. November 2009 über die weitere Behandlung einer Klage gegen den Vertrag von Lissabon entschieden wurde, zum anderen daran, dass Klaus das Ver­tragswerk grundlegend für „nicht gut“ hält, zumal die tschechischen Benes-Dekrete durch ein Inkrafttreten des Vertrages Lissabon gefährdet erschienen und Restitutions­forderungen von Vertriebenen drohten. Daher forderte der tschechische Präsident eine Garantieerklärung, bzw. Sonderklausel für die Republik Tschechien, die die Erhaltung der Benes-Dekrete gewährleistet.

Die Benes-Dekrete, mit denen nach Kriegsende Millionen Sudetendeutsche, aber auch Hunderttausende Ungarn in der damaligen Tschechoslowakei enteignet, entrechtet und vertrieben worden waren, sind und bleiben aber ein Unrecht, welches unabhängig vom Vertrag von Lissabon aufgearbeitet und wieder gut gemacht werden muss.

Mittlerweile wurde der Vertrag von Lissabon vom tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus unterschrieben. Einerseits, weil am 3. November 2009 eine Klage gegen den Vertrag in Tschechien abgewiesen wurde, andererseits, weil der Europäische Rat (bei dem Österreich von SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann und ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger vertreten wird) der Republik Tschechien eine Ausnahmeklausel für die Grundrechtecharta garantiert hat, die indirekt die Benes-Dekrete sanktioniert. Damit wird der Vertrag von Lissabon wohl am 1. Dezember 2009 in Kraft treten.

Das hat doppelte Brisanz, weil SPÖ-Bundeskanzler Werner Faymann und ÖVP-Außenminister Michael Spindelegger im Vorfeld des Europäischen Rates – im Rahmen des EU-Hauptausschusses – zusagten, dass aus ihrer Sicht eine Änderung des vorlie­genden Vertragstextes und ein neuer Ratifizierungsprozess auszuschließen sind und eine Sanktionierung der Benes-Dekrete für Österreich eine unüberwindbare Hürde dar­stellt.

In diesem Zusammenhang stellen die unterfertigten Abgeordneten an den Bundes­kanzler daher folgende

Dringliche Anfrage

1) Ist es richtig, dass Sie der ÖVP das Recht zur Nominierung eines, von Österreich vorzuschlagenden EU-Kommissars im Tausch für den Zugriff auf den ORF-Chef zuge­sagt haben?

 


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