Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 136

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Dieser Satz fällt einem ein, wenn man die Politik betrachtet, die Sie zu EU-Themen be­treiben. Gerade Sie, Herr Bundeskanzler Werner Faymann, haben in Bezug auf Fra­gen der Europäischen Union einige Böcke abgeschossen und gehöriges Aufsehen – im negativen Sinn – erregt.

Allein mit der Art und Weise, wie man in den letzten Wochen und Monaten die Frage der Besetzung des EU-Kommissars diskutiert hat und wie man da vorgegangen ist, hat man sich in der Öffentlichkeit lächerlich gemacht, und zwar über Landesgrenzen hinaus.

Was den Vertrag von Lissabon und die angedachten EU-Steuern betrifft, vermissen wir eine klare Position von Ihnen: dass wir nämlich keine neuen Steuern wollen, schon gar nicht eine EU-weite Steuer für unser Land! (Beifall bei der FPÖ.)

Da sind Sie, Herr Bundeskanzler, wahrscheinlich überfordert, denke ich, und werden keine Gelegenheit auslassen, die österreichischen Interessen nicht zu vertreten, wobei man sich natürlich schon die Frage stellen muss: Ist es Überforderung, ist es Böswillig­keit oder ist es bloß reine Gleichgültigkeit, die Sie in diesen Fragen an den Tag legen? Deshalb haben wir heute diese Dringliche Anfrage an Sie gerichtet, weil wir ein paar Fragen geklärt haben wollen.

Wir wollen absurde, fragwürdige Entscheidungen geklärt wissen, die in den vergangen Wochen zustande gekommen sind. Wir möchten auch wissen, was Sie eigentlich mehr interessiert: Parteipolitik und parteipolitische Anliegen oder ein starker rot-weiß-roter Auftritt Österreichs innerhalb der Europäischen Union.

Schauen wir uns einmal das ganze Theater um die Nominierung des österreichischen EU-Kommissars an, die Art und Weise, wie das von österreichischer Seite beschlossen wurde!

Da hat es ein monatelanges Hickhack, ein parteipolitisches Gezänk zwischen ÖVP und SPÖ gegeben. Damit haben wir uns auch international lächerlich gemacht. Und das Er­gebnis dieses absurden Theaters war, dass jetzt als österreichischer Kommissar Wis­senschaftsminister Hahn entsendet werden soll, jener Mann, der im wissenschaftspoli­tischen Bereich, aber auch als ÖVP-Landesparteiobmann Wiens eigentlich nicht unbe­dingt erfolgreich war. Also man hat den Eindruck, dass das eine Notlösung gewesen ist. Dabei hätte es durchaus andere Möglichkeiten, andere Lösungen gegeben. Da zeigt sich einmal mehr, dass unsere Forderung durchaus berechtigt war, auch in dieser Frage ein objektives Verfahren durchzuführen, im Rahmen dessen wir zuerst debat­tieren, welche Positionen wir besetzen können – es sind ja durchaus hohe EU-Positionen im Gespräch gewesen, ja, sind nach wie vor im Gespräch –, und erst dann darüber entscheiden, welche Personen dafür die geeignetsten wären. (Beifall bei der FPÖ.)

Dieser unserer Forderung ist man leider nicht nachgekommen. Selbst Ihr Koalitions­partner, die Österreichische Volkspartei, hat hinter vorgehaltener Hand kundgetan – aber auch in der Öffentlichkeit ist es durchgedrungen –, dass die Entscheidungsfin­dung nicht wirklich optimal gelaufen ist. Man hat den Eindruck, dass Sie, Herr Bundes­kanzler, da ganz bewusst aus parteipolitischem Kalkül versucht haben, der ÖVP ein Haxl zu stellen, denn es wurde eigentlich die Vereinbarung getroffen, dass die ÖVP den Kommissar bestimmt, sie aber dafür im ORF fuhrwerken können, wie Sie wollen. Offenbar funktionierte diese Vereinbarung nicht ganz. Das ist der Hintergrund, warum man jetzt versucht, sich gegenseitig ein Haxl zu stellen.

Unsere Hauptkritikpunkte sind der innerkoalitionäre Streit über Personen, wobei man leider nicht vorher überlegt hat, welche Funktionen man in der EU erreichen kann, und erst dann entschieden hat, welche Personen dafür in Frage kommen. Das Resultat dieser Ihrer Vorgangsweise ist jetzt, dass wir Gefahr laufen, ein unbedeutendes Res-


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