Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 137

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sort, ein Miniressort – man kann auch „Micky-Maus-Ressort“ dazu sagen – in der Euro­päischen Union zu erhalten, obwohl ganz andere Möglichkeiten bestanden haben, nämlich unter anderem die Möglichkeit, dass wir sehr wohl ... (Abg. Grosz: Ich kriege ein Ressort – ein Miniressort!) Es ist ja schön, wenn man so einen Spitznamen hat; da kann man wirklich „stolz“ sein, gell?!

Es sind ja auch andere Personen in der Europäischen Union genannt worden, wie et­wa der ehemalige Bundeskanzler Wolfgang Schüssel, aber auch der ehemalige Bun­deskanzler Gusenbauer. Es sind auch durchaus interessante Positionen im Gespräch, nämlich die des EU-Ratspräsidenten oder die des Hohen Beauftragten für die Gemein­same Außen- und Sicherheitspolitik. Das sind also durchaus sehr interessante Berei­che, und da sollte der Bundeskanzler eigentlich keine parteipolitischen Interessen ver­folgen, sondern solch hohe Funktionen in der Europäischen Union anstreben und über Parteigrenzen hinweg die Entscheidung fällen, welche Persönlichkeiten diese Positionen am besten ausfüllen können.

Selbst wenn diese beiden Positionen nicht in Frage kämen, wäre vielleicht noch das Landwirtschaftsressort zu bekommen, wofür sicherlich der ehemalige Vizekanzler Mol­terer geeignet wäre. Das ist keine Frage! Das hätte man auch überlegen können.

Aber nach der Vorgangsweise zu schließen, die Sie, Herr Bundeskanzler, gewählt ha­ben, haben Sie Interesse daran, allen ein Haxl zu stellen – bis hin zu Ihrem ehemaligen Parteifreund Gusenbauer, den Sie als Parteivorsitzenden demontiert haben. Das ist ein sehr trauriger Umstand, wie Sie da vorgegangen sind. (Beifall bei der FPÖ.)

Es ist aber auch traurig, wie Sie jetzt vorgehen, denn Sie sagen, dass Sie die Vorschlä­ge nur in Österreich gehört hätten, dass diese nur in Österreich zur Debatte gestanden seien. Das verwundert, denn sogar in der „Financial Times“ hat es Berichte gegeben, wonach sehr wohl intakte Chancen für die Funktion des Hohen Beauftragen bestehen würden. Sogar die Sprecherin von SPE-Chef Rasmussen, Frau Thomson, und die Sprecherin von Javier Solana, Frau Christina Gallach, haben das bestätigt. Also nicht nur in Österreich wurden diese Vorschläge diskutiert, sondern weit über die österrei­chischen Grenzen hinaus. Das zeigt, dass Sie das bewusst herunterzuspielen ver­suchen, weil Sie persönliche Interessen verfolgen – und nicht österreichische Inter­essen!

Das alles ist sehr bezeichnend für Ihr gesamtes Politikverständnis, denn als Bundes­kanzler sollte man in solchen Fragen über parteipolitische Grenzen hinweg entschei­den. Sie aber betreiben hier leider parteipolitische Agitation – und nehmen nicht die Vertretung der Interessen Österreichs wahr, indem Sie die Chancen nützen, die vor­handen sind und die in aller Öffentlichkeit diskutiert werden.

Ich möchte heute von Ihnen auch eine klare Antwort auf die Frage, ob es richtig ist, dass Sie der ÖVP das Recht auf die Nominierung eines von Österreich vorzuschlagen­den EU-Kommissars im Tausch für den Zugriff auf den ORF-Generaldirektor gegeben haben. Das alles sind nämlich Themenbereiche, die sehr offen in der österreichischen Medienlandschaft diskutiert wurden, und es wäre besonders verantwortungslos und in­akzeptabel, wenn man mit der Mitgestaltung innerhalb der Europäischen Union so um­gehen würde, dass man solch einen Deal macht.

Was das Mitgestalten in einer modernen Europäischen Union betrifft, haben Sie, Herr Faymann, Ihre Lektion auch in puncto demokratischer Mitbestimmung der österreichi­schen Bevölkerung noch lange nicht gelernt. Ich meine damit, dass Sie den Österrei­chern – und ich spreche hier von Arroganz – bis dato eine Volksabstimmung über den EU-Verfassungsvertrag, über den Vertrag von Lissabon verweigern. Wir haben hier in diesem Hohen Haus insgesamt sieben Anträge auf eine verbindliche Volksabstimmung in Österreich eingebracht. Leider sind all diese sieben Anträge von allen anderen Frak­tionen dieses Hauses abgelehnt worden, was ein sehr trauriger Umstand war.

 


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