Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll45. Sitzung / Seite 138

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Sie haben in der Frage der Volksabstimmung Ihr Wort gegeben, Herr Bundeskanzler! Sie haben sogar einen offenen Brief an die größte Tageszeitung Österreichs gesandt, und zwar vor einer großen Wahlentscheidung, und in diesem Brief haben Sie den Ös­terreichern versprochen, dass diese Volksabstimmung stattfinden wird, sollte es zu Än­derungen des Vertrages von Lissabon kommen. (Abg. Kickl – in Richtung Bundes­kanzler Faymann –: Nicht lachen!) Klar, da kommt wieder die „Bundeskanzler-Grinse­katze“ hinter mir. Ich habe das Lachen auch gehört, ich muss es nicht unbedingt se­hen. Aber das Lachen wird Ihnen noch vergehen, wenn Sie Versprechungen, die Sie machen, nicht einhalten, Herr Bundeskanzler. Das kann ich Ihnen von diesem Pult aus versichern.

Natürlich hat sich am Vertrag von Lissabon etwas verändert. Mittlerweile wurde der Vertrag von Lissabon vom tschechischen Präsidenten Vaclav Klaus unterschrieben, und zwar einerseits deshalb, weil am 3. November 2009 die Klage gegen den Vertrag in Tschechien abgewiesen wurde, und andererseits deswegen, weil der Europäische Rat der Republik Tschechien eine Ausnahmeklausel für die Grundrechtecharta garan­tiert hat, die indirekt die Beneš-Dekrete sanktioniert. Und das ist ja genau der Skandal, um den es geht!

Im Hauptausschuss haben alle Regierungsvertreter, vom Bundeskanzler bis zum Außenminister, noch gesagt, das werden Sie nicht zulassen, da darf es zu keinen Ver­änderungen kommen. Und dann haben Sie in dieser wichtigen Frage geschlafen bezie­hungsweise wieder beide Augen – und auch die Hühneraugen – zugedrückt.

Das ist wirklich eine Sauerei, denn da geht es um menschenrechtswidrige Dekrete, die abgeschafft gehören! Da erwarte ich von Ihnen, dass Sie endlich einmal wirklich auf den Tisch hauen, anstatt nur zuzusehen. (Beifall bei der FPÖ.)

Genau aufgrund einer so ungeheuerlichen Vorgangsweise stehen wir heute vor der Si­tuation, dass der Vertrag von Lissabon am 1. Dezember 2009 in Kraft treten soll. Wir haben allerdings eine Verfassungsklage für den Fall vorbereitet, dass dies wirklich ein­tritt.

Die Beneš-Dekrete, mit denen nach Kriegsende 3,5 Millionen Sudetendeutsche vertrie­ben, enteignet und entrechtet und Hunderttausende ermordet worden sind – auch hun­derttausende Ungarn waren davon betroffen –, sind und bleiben ein himmelschreien­des Unrecht, und da kann man nicht einfach zur Tagesordnung übergehen, sondern da muss man – auch unabhängig vom Vertrag von Lissabon – endlich dafür Sorge tragen, dass dieses Unrecht aufgearbeitet wird, wieder gutgemacht wird. Solche menschen­rechtswidrigen und verbrecherischen Bestimmungen wie die Beneš-Dekrete haben in einer Europäischen Union nichts verloren, denn das würde Verbrechen gegen die Menschlichkeit rechtfertigen – und das kann es nicht sein! (Beifall bei der FPÖ.)

Daher erwarte ich mir von Ihnen andere Verhaltensmuster als die, die Sie jetzt wieder an den Tag gelegt haben.

Ich darf Sie noch einmal daran erinnern, dass wir im Vorfeld des Europäischen Rates, im EU-Hauptausschuss darüber gesprochen und Sie in dessen Rahmen zugesagt ha­ben, dass aus Ihrer Sicht eine Änderung des vorliegenden Vertragstextes auszuschlie­ßen ist und eine Sanktionierung der Beneš-Dekrete für Österreich eine unüberwindba­re Hürde darstellt.

Genau das waren Ihre Worte! Aber auf einmal wollen Sie von all dem nichts mehr wis­sen? Das sind die Versprechen, die diese Bundesregierung macht? Und wenn dann das eintritt, was man angenommen hat, dann geht man ganz einfach zur Tagesord­nung über und tut so, als hätte man nie etwas zugesagt beziehungsweise versprochen.

Das ist nicht die Art, wie man Politik machen sollte! Wenn Sie etwas zusagen, dann erwarten die Bürger, dass Sie dazu auch stehen und das auch konsequent weiterver-


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