Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll49. Sitzung / Seite 71

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bien oder die Türkei dazurechnen, wo es überhaupt noch keine gesetzlichen Regelun­gen gibt und die Betroffenen teilweise auch von den Behörden schikaniert werden. Ich würde mir wünschen, dass wir uns an den anderen Ländern messen, an Skandinavien oder am katholischen Spanien. Dort ist mittlerweile die gleichgeschlechtliche Ehe eine Selbstverständlichkeit. Ich habe mich erkundigt: In Spanien sind weder die Kirch­turmuhren stehen geblieben noch haben die Glocken zu läuten aufgehört – nein, gar nichts ist passiert! Es gibt gleichgeschlechtliche Ehen, das ist ein Stückchen Normali-
tät im katholischen Spanien. Das muss doch auch im katholischen Österreich möglich sein.

Auffallend ist auch, dass bei diesem Gesetz immer wieder in den Stellungnahmen be­tont wird, wo die Unterschiede zur Ehe liegen müssten. Ich frage mich schon: Mit wel­chem Recht wird hier die Gleichstellung verweigert? Es ist nicht Aufgabe des Staates zu werten, welche Partnerschaften er möchte oder welche Partnerschaften er nicht möchte. Alle Argumente, die hier vorgetragen werden, überzeugen nicht.

Zum Argument Kinder: Also mal ehrlich, wie viele heterosexuelle Partnerschaften blei­ben ohne Kind? Die Vergünstigungen, die sogenannten Vergünstigungen der Ehe wer­den ihnen nicht abgesprochen. Wie viele Kinder werden außerhalb von Ehen geboren? Sollen sie diese sogenannten Vergünstigungen nicht bekommen? Wie viele Menschen heiraten im Alter, können gar keine Kinder bekommen? Die sogenannten Vergünsti­gungen der Ehe werden ihnen nicht abgesprochen.

Wer Kinder fördern will, soll Kinder fördern; der soll es über Sozialleistungen machen. Partnerschaftsgesetze haben eine ganz andere Funktion: Sie sollen einen rechtlichen Rahmen für das Zusammenleben bilden. Daher ist jede Unterscheidung zwischen gleichgeschlechtlichen und nicht gleichgeschlechtlichen Partnerschaften, bezogen auf die Ehe, unsachlich. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren, Folgendes ist meiner Ansicht nach wichtig zu betonen, weil hier immer so ein Theater gemacht wird: Dieses Gesetz beeinträchtigt weder die Rech­te noch die Lebensweise heterosexueller Paare. Ich fühle mich nicht gestört, wenn gleichgeschlechtliche Paare heiraten können. Ich verstehe nicht, wie andere, hetero­sexuelle Paare das so sehen können. Es gibt für heterosexuelle Paare durch dieses Gesetz nicht die geringste Veränderung.

Es ist an der Zeit, Realitäten anzuerkennen. Es gibt gleichgeschlechtliche Partner­schaften, und man muss ihnen den adäquaten, angemessenen und gleichen rechtli­chen Rahmen geben, meine Damen und Herren!

Dieses Gesetz enthält nach wie vor 45 Unterscheidungen; ich kann nur ein paar her­ausgreifen. Das Erste, das man diskutieren muss, obwohl es eigentlich nur ein Neben­schauplatz ist, ist die Debatte um das Standesamt, den Ort, wo die Partnerschaft abge­schlossen wird. Da war sogar vom Zeremonieverbot die Rede. Die ÖVP hat in ihrem Perspektivenpapier sogar noch das Standesamt als Ort des Abschlusses der gleichge­schlechtlichen Partnerschaft festgeschrieben, ist jetzt aber davon abgerückt – völlig un­sachlich.

Offensichtlich geht es um ganz etwas anderes. Es geht darum, zum Ausdruck zu brin­gen, dass die gleichgeschlechtliche Partnerschaft offensichtlich nur eine Partnerschaft zweiter Klasse sein soll. Es soll die Unterscheidung zur Ehe sichtbar gemacht werden, und das lehnen wir schlichtweg ab.

Da bedauere ich schon auch die Äußerungen der Bischofskonferenz, die darüber geju­belt hat, dass nicht das Standesamt der Ort des Abschlusses der Partnerschaft sein wird. Die Bischofskonferenz kann – damit es kein Missverständnis gibt – Stellung neh­men, wie sie will, aber ich glaube nicht, dass die Bischofskonferenz gut beraten ist,


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