Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll50. Sitzung, 11. Dezember 2009 / Seite 262

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FPÖ-Ausschussmitglied Walter Rosenkranz festhielt, dass das Lesen und Abschreiben von Wikipedia-Artikeln in seiner Auffassung von Polizeiarbeit keine kriminologische Bedeutung habe. Kein Wunder, kann doch dort jeder etwas schreiben und dann selbst zu Beweiszwecken zitieren.

Doch Uwe Sailer hat auch andere bemerkenswerte Dinge herausgefunden, zum Beispiel über die Bedrohung der Kommunisten aller Welt durch einen Eispickel. So soll nämlich jemand mit dem Decknamen „Eispickel“ in einem rechtsextremen Forum den früheren oberösterreichischen Grün-Landtagsabgeordneten Gunther Trübswasser mit dem Tod bedroht haben. Eispickel – so recherchiert Sailer – ist ein Synonym für die Waffe, mit der der sowjetische Revolutionär Trotzki 1940 ermordet wurde. Der Eispickel sei somit für die Rechtsextremen offenbar ein Symbol für die weltweite Vernichtung des Kommunismus. Zu so manchem Kommunisten dürfte die Bedrohung durch Eispickel allerdings noch nicht durchgedrungen sein. So ruft etwa die Internet-Zeitung „Jungleworld“ unter dem Titel „Hammer, Sichel, Eispickel“ die Kommunisten aller Länder im Europaparlament dazu auf, sich zu vereinigen.

Die Befragungen von Öllinger und Sailer lassen den klaren Schluß zu, dass einander hier zwei große Verschwörungstheoretiker gefunden haben.

Ähnlich bezeichnend ist auch die Wertung des LVT-Polizisten AI Stummer, der hin­sichtlich der Glaubwürdigkeit seines Kollegen Sailer in Bezug auf von Sailer geäußer­ten Verdachtsmomente, wer hinter gewissen Nicknames stecken könne, meinte:

Er hat Verdachtsmomente geäußert, wer möglicherweise dahinterstehen könnte. Aber das ist mir als Kriminalbeamter zu wenig, denn ich muss mich an Fakten halten.

Belege für die Weitergabe von dienstlich erworbenem Wissen

Am 08. Juli 2009 um 10:08 Uhr schrieb Sailer an Öllinger, dass er am Vortag eine sehr lange Erörterung mit Fachleuten betreffend der Homepage www.alpen.donau.info hatte. Inhalt dieser Besprechung war es, den dahintersteckenden „Funktionären“ den Garaus zu machen. Wenn man sich nun vor Augen führt, dass Sailer am 07. Juli 2009, also einen Tag vor dem besagten Mail, dienstzugeteilt beim LVT Wien war und der Grund der Dienstzuteilung die Sachkenntnisse Sailers betreffend Homepage www.alpen.donau.info waren, dann steht wohl für jeden fest, dass die angesprochenen Fachleute jene Kollegen Sailers aus dem LVT waren, bei denen er seine Dienst­zuteilung versah. Auf die Frage, ob mit Fachleuten wohl die Beamten des LVT-W gemeint sein könnten sagte der Aktenführer in dieser causa, AI Stummer, aus: Davon gehe ich aus, dass er uns gemeint hat. (siehe Protokoll UA - Abhör- und Beeinflus­sungsmaßnahmen – 24.11.2009/ öffentl. Teil 14. Sitzung / S. 23).

Demgegenüber erscheint Sailers Aussage wenig glaubhaft, wonach es sich bei den Experten um anonyme Nutzer eines links-einschlägigen Internet-Forums gehandelt habe.

Auch die Erwähnung von Abläufen bei Rechtshilferersuchen an US-amerikanische Behör­den in einem Mail Sailers an Öllinger lässt den Schluß zu, dass er damit dienst­liches Wissen weitergegeben hat. Denn dies war auch ein zentraler Inhalt der Besprechung im Zuge der erwähnten Dienstzuteilung beim LVT-W. Auch hier erscheint Sailers konstruierte Rechtfertigung ausgesprochen zweifelhaft, wonach er auf die Amerikaner nur deshalb zu sprechen gekommen sei, weil er vor Jahrzehnten irrtümlich privaten Besuch von amerikanischen Botschaftsgehörigen erhalten habe und im Jahr 1986 einen spannenden Artikel in der Zeitschrift „profil“ gelesen habe.

Ein weiterer eindeutiger Beleg für die Weitergabe dienstlich erworbenen Wissens sowie auch für eine strafbare Falschaussage vor seinem Vorgesetzten, Oberst Pogutter, am Tag des Aufkommens des Spitzelskandals, ist in folgender Passage des


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