Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll62. Sitzung / Seite 173

HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite

18.07.45

Abgeordneter Mag. Albert Steinhauser (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Das Parlament sollte ein Kontrollorgan sein, und wenn es nur die geringsten Anlässe gibt zu mutmaßen, dass in der Staatsanwaltschaft etwas nicht richtig abgelaufen ist, dann haben wir die Verpflichtung, danach zu fragen – und das hat nichts mit Einmischung in die Justiz zu tun.

In diesem Fall gibt es tatsächlich Umstände, die nachhaltige Hinweise liefern, denn man muss die ganze Geschichte erzählen: Ein Rechtsanwalt marschiert mit zwei Anzeigen direkt in das Zimmer eines leitenden Staatsanwaltes – nicht zur Einlaufstelle, nein, direkt ins Zimmer. Dort übergibt er diesem Staatsanwalt, mit dem er privat be­kannt ist, diese beiden Anzeigen. Der betroffene Staatsanwalt ist unzuständig. Das stört ihn nicht, er bearbeitet diese Anzeigen.

Wie geht es weiter? – Durch diese Bearbeitung der Anzeigen wird er auch in Causen zuständig, die sich gegen die Mandantschaft dieses Anwalts richten. Was passiert weiter? – Alle Causen, die sich gegen die Mandantschaft dieses Rechtsanwalts richten, werden eingestellt, die Anzeigen des befreundeten Rechtsanwalts werden zur Anklage gebracht. Man muss nur sagen: Zum Glück hat der Rechtsstaat dahin gehend funktioniert, dass es mit Freisprüchen geendet hat. Aber bei der Staatsanwaltschaft ist es absolut nicht korrekt abgelaufen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der FPÖ.)

Wenn man genauer schaut, was passiert ist, werden bestimmte Dinge deutlich: Weißun­gen im Tagebuch der Staatsanwaltschaft, völlig widersprüchliche Vorgangs­weisen bei der Frage einer Körperverletzung. Auf der einen Seite regt der Staatsanwalt im Fall der Körperverletzung einen außergerichtlichen Tatausgleich an, gleichzeitig wird gegen die Anzeigerin der Körperverletzung Anklage wegen Verleumdung erho­ben. – Also, widersprüchlicher geht es ja nicht, das stinkt doch, bitte, das ist doch offensichtlich, meine Damen und Herren!

Die Frau Justizministerin sagt: 2006 – das ist richtig. Wir haben Anfragen gestellt, um diese Causa aufzuarbeiten. In einer Anfrage, die Sie mir beantwortet haben, müssen Sie so viel zugeben, wie Sie nicht leugnen können. Sie sagen, es ist richtig, bei der Staatsanwaltschaft Wien hat es Probleme gegeben. Wir haben den Herrn Dr. Sch., der die Leitung des Wirtschaftsreferats innehatte, abberufen müssen. Grund für diese Maß­nahme war, dass der Staatsanwalt Dr. Sch. als Gruppenleiter mehrfach Straf­sachen an sich gezogen und bearbeitet hatte, ohne hierfür zuständig gewesen zu sein, weil sich diese Strafsachen schon vom äußeren Anschein nicht als Wirtschafts­strafsachen im Sinne der Geschäftsverteilung der Staatsanwaltschaft dargestellt hatten.

Dann kommt die österreichische Lösung: Der Staatsanwalt geht in Pension, und im Gegenzug richtet mir dann die Frau Justizministerin aus, dass er zwar unzuständig war, aber fachlich alles vertretbar und sachlich richtig bearbeitet war. Das ist die österreichische Erledigung.

So: Ich habe in dieser Frage weitere Anfragen gestellt. Mich hat nämlich interessiert, ob man sich anschaut, was dieser Staatsanwalt sonst so gemacht hat. Ich habe gefragt, ob es seitens der Staatsanwaltschaft oder anderer Behörden eine Überprüfung gegeben hat, ob dieser Dr. Sch. auch in anderen Fällen unzuständigerweise Strafver­fahren bearbeitet hat, und wenn ja, ob sozusagen unzuständige Bearbeitungen von Strafanzeigen festgestellt wurden, und wenn nein, warum nicht.

Die Frau Justizministerin antwortete mir und hat zu einem alten Trick gegriffen: Es gibt eine Antwort zu den Fragen 2 bis 4 und zu den drei Fragen 21 bis 23 – und welch ein


HomeSeite 1Vorherige SeiteNächste Seite