Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll64. Sitzung / Seite 81

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16.10.02

Abgeordnete Dr. Ruperta Lichtenecker (Grüne): Herr Präsident! Geschätzte Herren auf der Regierungsbank! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor einigen Wochen habe ich mit meinen Studenten in der Lehrveranstaltung für Volkswirtschaftslehre die Titel­schlagzeile des „Economist“ diskutiert, und diese lautete – gleich in der deutschen Übersetzung –: Ihr habt noch drei Jahre Zeit, um euch um den Euro zu kümmern, um ihn zu retten! – Dann ist es in verschiedenen Artikeln und im Leitartikel auch um die Frage gegangen, wie es um Griechenland steht, und um all das, was wir heute schon gehört haben, betreffend Korruption und Missmanagement und Falschinformation.

Das ist der eine Teil, aber das andere ist natürlich die wirtschaftliche und die finanzpo­litische Seite. Und da haben sich den Studierenden immer wieder die gleichen Fragen gestellt – und, Herr Finanzminister, diese Fragen stellen sich nicht nur die Studieren­den, sondern auch die Menschen, die Bevölkerung ganz allgemein –, nämlich: Was würde das heißen, wenn es den Euro nicht gibt? Wie hoch wird die Inflation und der Wertverlust sein? Was würde es denn heißen, wenn Deutschland austritt? Geht dann Österreich mit aus dem Euro-Raum?

All das sind Fragen, die seit Wochen und Monaten auch schon Experten in den ver­schiedenen Fachzeitschriften aufwerfen. Herr Minister, eine Frage müssen Sie sich schon ganz klar stellen und auch beantworten: Glauben Sie tatsächlich, dass das Pa­ket, das jetzt für Griechenland vorgelegt wird, auch die Lösung all der Probleme, die wir auf den Finanzmärkten haben, darstellt? (Vizekanzler Dipl.-Ing. Pröll: Das hat nie­mand gesagt! – Abg. Gahr: Das hat niemand behauptet!)

Das ist es nicht, und das wird es nicht sein, denn eines haben die Griechenland-Krise und die Finanzkrise gemeinsam. – Die griechische Krise wird nicht nur Griechenland allein betreffen, wir haben heute schon über die anderen Länder gehört, die ebenfalls von Budgetdefiziten im hohen Ausmaß betroffen sind, von Schulden, die sie kaum mehr begleichen können. – Die Krise in Griechenland und die Finanzkrise haben eines gemeinsam: Sie bahnen sich seit Jahren an, alle haben es gewusst, und nichts ist ge­tan worden. Nichts ist getan worden! Und das, Herr Finanzminister, ist auch unser Vor­wurf: Wir wissen seit der Finanzkrise, dass es einen ganz konsequenten Umbau der Fi­nanzmarktarchitektur nicht nur in Europa, sondern weltweit geben muss, und passiert ist bislang gar nichts! (Beifall bei den Grünen.)

Es gibt die ersten Blasen, die sich auf den Märkten aufbauen, es gibt Rekordgewinne bei den verschiedenen Banken und Investmentfonds, es gibt natürlich auch wieder die Boni-Zahlungen – und letztendlich, allen Ankündigungen, die vor einem Jahr gemacht wurden, zum Trotz, ist nichts passiert, nichts auf der breiten Ebene. Wenn wir darüber diskutieren, dass das Griechenlandpaket insbesondere Österreich zugutekommen soll, wie es teilweise Kollegen heute gemacht haben, dann sei dies schon einmal ins richti­ge Licht gestellt: Die 750 Millionen € an Exporten, die angesprochen worden sind, Frau Kollegin, sind gerade einmal 0,6 Prozent der Gesamtexporte. Darum geht es nicht. Es geht nicht um diese individualistische Sicht aus Österreich, sondern es geht um ein großes Gesamtes, und das heißt Europa und das heißt Euro!

Letztendlich hat der Euro auch dazu geführt, dass Europa stärker geworden ist und einiger geworden ist. Und daher glaube ich auch, dass es wichtig ist, hier jetzt die Maß­nahmen zu setzen und die Unterstützungen zu gewähren.

Dennoch ist es längst an der Zeit, sich auch für eine Reform des Finanzmarktes einzu­setzen – und da haben Sie heute die Gelegenheit, mit uns zu stimmen, denn viele ha­ben das auch angekündigt –, sei es durch Schaffung einer EU-Rating-Agentur, die un­abhängig ist, sei es durch Einführung von Finanztransaktionssteuern.

Daher bringe ich folgenden Antrag ein:

 


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