Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll66. Sitzung / Seite 49

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Der Schlüsselpunkt ist: Stimmen wir uns ausreichend in dieser Situation ab, sprechen wir wirklich mit einer Stimme – oder gibt es nicht noch immer eine Art – anderes grie­chisches Wort – Kakophonie?

Ich beginne damit: Zur gleichen Zeit, zu der der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou – schwierig genug – zuhause dafür kämpft, das dritte Sanierungspro­gramm umzusetzen, gibt ein Vorstandssprecher der größten deutschen Bank, sozu­sagen vom sicheren Lehnstuhl aus, einen Kommentar folgenden Inhalts ab. Na ja, die Griechen, da hab’ ich große Zweifel, ob sie das schaffen werden!

Ist so ein Kommentar hilfreich? – Eine solche Kakophonie ist natürlich nicht hilfreich. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Hagenhofer. – Zwischenrufe beim BZÖ.)

Oder die Frage der Hedgefonds-Regelung, meine Damen und Herren: Gestern beschlie­ßen – und das hat jeder gewusst – die Finanzminister der Eurozone und der Europäi­schen Union eine vernünftige Regelung, und dann geht ein Regierungschef her – er sitzt jetzt hinter mir – und sagt dem „Standard“ gegenüber, die EU habe aus der Krise nichts gelernt.

Dazu kann ich nur sagen, Freunde: Wer ist „die EU“? Ist das irgendwo in der Gegend Waterloo und Umgebung – oder sind nicht wir alle die Europäische Union: die Parla­mentarier, die Regierungen, die öffentliche Meinung, die Bürger? (Beifall bei der ÖVP.)

Ich halte es nicht für sinnvoll, wenn versucht wird, den Eindruck zu erwecken, als hät­ten wir nichts mit der Europäischen Union zu tun. Eva Glawischnig hat recht: Da braucht es Regierungsinitiativen – und die gibt es ja auch Gott sei Dank.

Das Nächste: Die Suche nach Sündenböcken ist natürlich so alt wie die Menschheit. Das steht schon in der Bibel drinnen: Man sucht sich einen Sündenbock, bindet ihm die Sünden der Welt um und jagt ihn in die Wüste hinaus, nur: Weder die Märkte noch die Banken noch die Schweiz oder sonst wer sind die alleinigen Sündenböcke.

Seit Jänner 2010 wurden in der Eurozone 400 Milliarden € an Krediten aufgenom­men – und noch einmal 600 Milliarden € werden bis Jahresende gebraucht. Wir brau­chen daher die Märkte. Da dem aber so ist, müssen wir doch gemeinsam klare Signale abgeben. Mittlerweile sitzen die EU-Finanzminister jeden zweiten Tag beisammen – richtig in so einer Situation! –, und da muss doch möglich sein, dass man eine euro­päische Lösung für das Verbot von Leerverkäufen findet, dass nicht jemand, der eine Staatsanleihe gar nicht besitzt, damit spekuliert? (Beifall bei der ÖVP.)

Warum jetzt in einer solchen Situation Deutschland einen Alleingang macht, verstehe ich nicht. Ich bin dafür, dass man in einer solchen Situation eine klare europäische Re­gelung trifft, aber die Märkte, die Trader in Singapur, die Trader an der Wall Street oder in Abu Dhabi oder sonst wo auf der Welt schütteln den Kopf, wenn Europa in so einer Situation nicht geeint agiert.

Das Gleiche gilt auch, was die Schweiz betrifft. Ich sage ganz offen, die Schweiz ist ge­nauso wie Österreich dem OECD-Kontext unterworfen; sie bekämpft genau wie wir Steuersünder und Steuerhinterzieher. (Abg. Kickl: Cap, aufpassen!) Die Schweiz hat in den letzten 18 Monaten Euro für 60 Milliarden Schweizer Franken gekauft, hat damit einen Buchverlust von mittlerweile 5 Milliarden Schweizer Franken – das ist nicht ge­rade wenig –, hält zwei Drittel, wie bereits Klubobmann Kopf gesagt hat, ihrer Wäh­rungsreserven in Euro. (Abg. Ing. Westenthaler: Schweiz-Lehrgang für Cap!) Das ist doch ein beachtliches Signal. Das ist jedenfalls beachtlicher als das, was die Briten tun, die sich als EU-Mitglied nicht einmal am Euro-Rettungsschirm beteiligen. Das Nicht-EU-Mitglied Schweiz kann nicht zu mehr verpflichtet werden als etwa die EU-Mit­glieder selber. (Beifall bei der ÖVP.)

 


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