Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung, 7. Juli 2010 / Seite 77

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Meine sehr geehrten Damen und Herren der Bundesregierung! Sie sind stolz darauf, dass die Arbeitslosigkeit sinkt. – Jawohl, wir sind alle hier herinnen glücklich darüber, dass wir wieder mehr Menschen in Beschäftigung haben, überhaupt keine Frage, aber es würde Ihnen gut anstehen, Herr Vizekanzler und ÖVP-Parteichef, wenn Sie sich einmal auch bei der Wirtschaft dafür bedanken würden, bei den ArbeitnehmerInnen und Arbeitgebern, aber vor allem bei der Wirtschaft, dass sie diese Arbeitsplätze ge­schaffen hat. Diese wurden nämlich nicht von der Politik geschaffen! Die Politik schafft keine Arbeitsplätze, sondern sie schafft bestenfalls die Rahmenbedingungen. (Beifall beim BZÖ.)

Jedes Mal bei diesen Debatten steht im Mittelpunkt die Wirtschaftskrise. Gut, dass die Wirtschaftskrise auch bei Ihnen einmal angekommen ist, aber sie ist überall ange­kommen, bei den Menschen in der gesamten Europäischen Union, auf der ganzen Welt – als Folge einer Finanz- und Bankenkrise. Was die Menschen aber jetzt brauchen und was vor allem die Wirtschaft jetzt braucht, ist Planbarkeit und keine Verunsicherung, meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie lassen die Menschen in Unsicherheit, niemand weiß, was im nächsten Jahr auf uns zukommt, welche Belastun­gen Sie planen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Bundesregierung, sagen Sie doch die Wahrheit: Sie sind sich nicht einig über ein Budget 2011! Sie finden nicht zueinander! Es wird kein Budget geben! Das ist doch die Wahrheit! Rücken Sie endlich damit he­raus! Bis Sie ein Budget für das Jahr 2011 zustande gebracht haben, ist Ihnen nicht nur die Zeit davongelaufen, sondern auch die Wählerinnen und Wähler in der Steier­mark und in Wien. Das ist die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Bei­fall beim BZÖ.)

Sie sind von der Europäischen Union im Rahmen der Stabilitätspakt-Vereinbarung auf­gefordert, bis zum 2. Juni Ihre Maßnahmen mitzuteilen, die Sie setzen werden. Bis zum 2. Juni mussten Sie diese Auskunft erteilen. Herr Finanzminister, ich frage Sie: Warum ist das Parlament Ihnen weniger wert als die Europäische Union, als die EU-Kommission? (Beifall beim BZÖ.) Warum sind wir, die gewählten Volksvertreter der Republik Österreich, nicht wert, dass wir Auskunft erhalten über Ihre Steuerpläne, die Sie haben? Warum sagen Sie uns das nicht?

Da muss ich auch die Frau Präsidentin des Nationalrates ansprechen. (Abg. Ing. Wes­tenthaler: Eine ganz üble Rolle spielt die Präsidentin!) Warum, sehr geehrte Frau Präsidentin, gehen Sie nicht mit Selbstbewusstsein in diese Debatte und sagen: Das lassen wir uns nicht gefallen!? Neben Ihnen sitzt ein Beschwörer des österreichischen Parlamentarismus, der seit 25 Jahren hier herinnen sitzt, der Kollege Cap (Abg. Grosz: Seit 40 Jahren!), der immer sagt: Wir dürfen uns das nicht gefallen lassen! Wir sind doch Volksvertreter, wir sind doch eigenständig denkende Menschen hier im Hohen Haus und können auch stolz darauf sein! Das lassen wir uns nicht bieten, wenn die Re­gierung uns vorschreibt, wann wir hier ein Budget zu verabschieden haben!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von Rot und Schwarz – und da appelliere ich schon auch an Ihre Eigenständigkeit –, das ist eine blanke Entmündigung Ihrer beiden Fraktionen, die da stattfindet. Stellen Sie sich endlich auf die Hinterfüße, bereiten Sie diesem Unding ein Ende, sagen Sie: So geht das nicht! Wir lassen uns von der Bun­desregierung nicht vorschreiben, ein Verfassungsgesetz zu brechen! (Beifall beim BZÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, das ist doch geradezu ein Aufruf zum Rechts­bruch! Wir sind diejenigen im Hohen Haus, die die Gesetze machen, und jetzt werden wir von der Bundesregierung aufgefordert, unsere Gesetze, unsere Bestimmungen, ja unsere Verfassung zu brechen. – Ja wo kommen wir denn da hin, meine sehr geehrten Damen und Herren?!

 


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