Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll72. Sitzung, 7. Juli 2010 / Seite 117

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die Schuhe geschoben haben, nämlich hemmungslose Kritik, für die Grünen zurück­weisen. Ich glaube doch, dass Sie zwischen dem, was die Grünen sagen, und dem, was BZÖ und FPÖ – und da haben Sie sicher recht – offensichtlich noch immer nicht ver­standen haben, differenzieren können oder können sollten.

Der Punkt ist – da wurde ja jetzt schon einiges an Lobpreisungen gesagt, Herr Bundes­minister –: Die Mindestsicherung ist wirklich eine Mini-Mini-Sicherung – leider! –, wenn man sie an den Erwartungen und auch an den Notwendigkeiten misst.

Ja, es ist richtig, die Mindestsicherung sieht vor, dass es auch für Mindestsicherungs­bezieher eine e-card gibt. Das ist gut. Das ist richtig. Ja, es gibt auch einige andere kleine Verbesserungen. Der Regress wird weitgehend abgeschafft. Es gibt Verbesse­rungen bei der Notstandshilfe – und ich will das überhaupt nicht gering achten –, die für eine Notstandshilfebezieherin – es sind ja zumeist die Frauen, die es betrifft – bedeu­tet, dass sie um 20 oder 30 € pro Monat mehr erhält.

Darüber regen sich FPÖ und BZÖ auf. Wissen Sie eigentlich, worum es geht? – Um 20 bis 30 € Notstandshilfe mehr pro Monat! Das ist das, was wir heute beschließen, und Sie sagen: Nein, das ist ja unheimlich und ungeheuerlich, und es geht überhaupt jeder Arbeitsanreiz verloren. – Das behaupten Sie. Wissen Sie, wie hoch die durch­schnittliche Notstandshilfe in Österreich für eine Frau ist? – 500 € pro Monat. Und die­se 500 € erhält man nur, wenn man sonst kein Einkommen hat – nichts, niente.

Natürlich kann eine Frau, die Notstandshilfe bezieht – 500 € –, auch jetzt schon Sozial­hilfe beantragen. Aber das funktioniert – wenn überhaupt – nur in Wien einigermaßen. Dort gibt es dann ergänzende Sozialhilfe. In allen anderen acht Bundesländern funktio­niert es nicht. Die Armutskonferenz hat nachgewiesen, warum, und wir kennen alle die Gründe. Sie sollten sie eigentlich auch kennen, Sie stellen sich aber her und sagen: Die Leute bekommen zu viel fürs Nichtarbeiten.

Da kommt dann Herr Kollege Kickl heraus, erzählt den Fall des Robert M., der vom AMS eingeteilt wird, einen – tatsächlich – unsinnigen Kurs zu machen beziehungswei­se eine unsinnige Arbeit anzunehmen unsinnig, weil er sie nicht machen kann. Ja und? Was soll passieren mit Robert M.? – Nach Ansicht der FPÖ – habe ich vernom­men – darf er auf alle Fälle keine Mindestsicherung erhalten. Der wird sich bedanken! Dafür, dass er diesen Job nicht annimmt, soll er nichts erhalten, soll ihm seine Existenz auf null gestellt werden?

Die Mindestsicherung, die wir jetzt beschließen, beinhaltet leider einige Momente – Herr Bundesminister Hundstorfer hat es in aller Drastik deutlich gemacht –, die unse­rer Ansicht nach – nach Ansicht der Grünen – viel zu viel Repression vorsehen. Über die Rahmenbedingungen bei der Mindestsicherung wurde nicht gesprochen, sie wären jedoch notwendig. So sollte etwa eine Mindestsicherung natürlich von einem Mindest­lohn begleitet werden, der diesen Namen auch verdient. Und das können sicher nicht die 1 000 € brutto sein, die es jetzt noch immer für manche gibt – und für manche gibt es noch weniger als 1 000 € brutto für Vollzeitarbeit.

Ja, reden wir darüber, was notwendig wäre! (Abg. Bucher: Wollen Sie da ... Gehalts­verhandlungen ...?) Aber wo sind Sie mit Ihren Anträgen? Wo sind Sie mit Ihren Vor­stellungen? – Selbst dann, wenn es diese 1 300 € gibt, von denen wir annehmen, sie sind notwendig: Können Sie jemandem zumuten, dass er von 300 oder 400 € pro Mo­nat leben soll? Wollen Sie das?

Wissen Sie, was ich hier habe? (Der Redner zeigt auf den abgedeckten Teller, der vor ihm auf dem Rednerpult steht.) Es ist nichts Aufregendes. Das ist das, was nach den Berechnungen, die es in Österreich gibt, mit einer Essensration von drei Mahlzeiten pro Tag gerechnet, pro Mahlzeit übrig bleibt. (Der Redner hebt die Abdeckung vom Teller und zeigt eine eingepackte Wurstsemmel.) Das ist der Gegenwert für eine Wurst-


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