Entschließungsantrag
der Abgeordneten Bucher, List, Scheibner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Durchführung einer Volksbefragung über die Wehrpflicht
eingebracht in der 79. Sitzung des Nationalrates am 05.10.2010 im Zuge der Debatte zur Dringlichen Anfrage zum Thema: „Reformieren statt abkassieren – Wo bleiben Verwaltungsreform und Bürokratieabbau, Herr Bundeskanzler?"
Die veränderte geostrategische Lage Europas und der Wandel der Aufgaben des Militärs in Richtung friedensstiftender Maßnahmen waren in vielen westeuropäischen Ländern bereits in den neunziger Jahren Auslöser für Reformen der Militärsysteme. In Österreich ist die notwendige Strukturreform trotz der Bundesheerreformkommission bislang noch nicht erfolgt. Die Rahmenbedingungen des österreichischen Bundesheeres blieben daher im Wesentlichen bislang trotz der geänderten sicherheitspolitischen Lage Österreichs unverändert, die Leistungen des Bundesheeres sind aber durch Budgetkürzungen, eine deutliche Verkürzung des Grundwehrdienstes und steigende Anteile von Untauglichen und Zivildienern bei bestem Willen nur noch schwer zu erbringen.
Wenn also heute von Verwaltungsreform und Bürokratieabbau die Rede ist so darf diese Forderung auch vor dem Bereich der Landesverteidigung nicht Halt machen; dies umso mehr, als nicht nur namhafte Militärexperten aus Sicht der Notwendigkeiten der Landesverteidigung, sondern auch namhafte Institutionen wie der Staatsschuldenausschuss, der Rechnungshof, das Wirtschaftsforschungsinstitut und das Institut für Höhere Studien aus wirtschaftlicher und budgetärer Sicht Reformen fordern. So hat Gudrun Biffl vom WIFO schon 2001 die Implikationen eines Freiwilligenheeres für den österreichischen Arbeitsmarkt untersucht und festgestellt, dass die Abschaffung des Zwangsdienstes eine bessere Nutzung der Ressource Arbeit zur Folge hätte, die Belastung nur der tauglichen männlichen Jugendlichen mit einer Naturalsteuer zugunsten bestimmter Bereiche entbehrlich ist, mittel- bis längerfristig (vor allem ab dem Zeitpunkt sinkender Jahrgangsgrößen der Jugendlichen etwa ab 2012) keine negativen Effekte auf die Arbeitslosigkeit zu erwarten wären und die Produktivität der gesamten Wirtschaft steigen würde. Der gesamtwirtschaftliche Nutzen durch eine Umstellung auf ein Freiwilligenheer würde die Kosten jedenfalls deutlich übertreffen. Eine Umstellung wäre daher gerade in Zeiten einer Wirtschaftskrise erwägenswert.
Zahlreiche andere Europäische Staaten haben die Umstellung auf Freiwilligenheere (mit überwiegend ausgesetzter Wehrpflicht) bereits vollzogen. Dazu zählen Belgien (ab 1995), Niederlande und Polen (ab 1997), Frankreich (ab 1999), Spanien (ab 2001), Slowenien (ab 2003), Tschechien, Ungarn und Italien (ab 2005), Slowenien (ab 2006), Rumänien und Lettland (ab 2007) und Bulgarien (ab 2008). Zuletzt hat Schweden die allgemeine Wehrpflicht aufgrund der geänderten Sicherheitslage und aus Spargründen abgeschafft. Soeben hat sogar unser Nachbarland Deutschland beschlossen die allgemeine Wehrpflicht zugunsten eines freiwilligen Berufsheeres auszusetzen. Auch die neutrale Schweiz beginnt ernsthaft über eine Abschaffung zu diskutieren. Österreich stellt eines der letzten EU-Länder dar, in denen die allgemeine Wehrpflicht für Männer noch in Kraft ist.
Laut dem jüngsten Artikel in der Kronenzeitung Ausgabe Nr. 18.116 vom 5. Oktober 2010 ist nunmehr auch Bürgermeister Häupl zur Erkenntnis gelangt, dass eine Volksbefragung über den Weiterbestand der Wehrpflicht sinnvoll wäre angesichts der geänderten Rahmenbedingungen für Österreich durch seine Lage inmitten der EU und des Schengenraumes liegt und der Tatsache, dass es bereits in den meisten Ländern Europas Berufsheere gibt bzw. die Umstellung im Gang ist.
Ebenso ließ SPÖ-Klubobmann Cap im Morgenjournal vom 5. Oktober 2010 aufhorchen, indem er die Idee zu einer Volksbefragung über die Wehrpflicht für klug hält, allein im Interesse vieler Jugendlicher, die keine Wehrpflicht absolvieren wollen. Cap führt
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