Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll79. Sitzung / Seite 59

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Meine Damen und Herren, wer braucht eine zweite Kammer in diesem Haus? Ich frage Sie: Wer braucht einen Bundesrat, außer die Funktionäre der Koalitionsparteien?

Wer braucht Sonderbehörden mit richterlichem Einschlag: die Schulsenate, die Grund­verkehrssenate, die Agrarsenate? All diese Senate, bis hin zum Asylsenat, wer braucht das alles, meine Damen und Herren? (Bundesministerin Dr. Fekter: Das Bundeskanz­leramt hat schon vorgeschlagen!) Sie haben es schon vorgeschlagen? – Hurra!, die Frau Bundesministerin hat entdeckt, dass sie einen Vorschlag bei uns wiederfindet. (Beifall beim BZÖ.) Sie hat es schon vorgeschlagen, aber es ist leider noch nichts wei­tergegangen.

Meine Damen und Herren, wissen Sie, nicht das BZÖ hat hier im Haus die Mehrheit – leider! –, sondern Sie gemeinsam mit Ihrem Koalitionspartner haben die Mehrheit. Wa­rum machen Sie es dann nicht? Warum verharren Sie dann nur im Vorschlag, meine Da­men und Herren? Und Sie könnten noch eine Menge weiterer Vorschläge aufgreifen.

Ich bringe Ihnen noch ein Beispiel in Richtung der Sozialdemokratie, meine Damen und Herren, weil es Ihnen in den Zwanzigerjahren ein Anliegen war: Die Gemeindeverwal­tungen zu straffen, zu Verwaltungsgemeinschaften, zu Gemeindeverbänden auch im Be­reich der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben zusammenzulegen, selbstverständlich geht das! (Ruf bei der ÖVP: Geschieht ja ...!) Ja, aber zu wenig. Es würde noch viel mehr gehen, wesentlich mehr gehen, wesentlich effizienter gehen, ich könnte Ihnen Dutzende Bei­spiele bringen. (Bundesministerin Dr. Fekter: Keine Ahnung von den Bürgermeis­tern!) – Ich habe genug Ahnung von den Bürgermeistern! Es wird in der Verwaltung kaum wo so viel verbockt wie auf der Ebene der Bürgermeister, glauben Sie mir das! (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Fragen Sie einmal den Bürger draußen! Es gibt kaum eine Ebene, wo so viel Freunderlwirtschaft herrscht und so viel geringe Einschätzung, was das Gesetz anlangt, wie auf der Ebene der Bürgermeister, meine Damen und Her­ren. (Neuerliche Zwischenrufe bei der ÖVP.) – Natürlich jaulen Sie alle auf! (Beifall beim BZÖ.)

Oder der alte Vorschlag, meine Damen und Herren von der SPÖ, von der Gebietsge­meinde: Wann wird er umgesetzt? Herr Kollege Cap, schauen Sie nach im Artikel 120 unserer Bundesverfassung! Bezüglich der Gebietsgemeinde hat sich die SPÖ in den Zwanzigerjahren nicht durchgesetzt. Warum greifen Sie dieses vernünftige Modell nicht wieder auf? Da braucht man keine Ortskaiser als „Grüßauguste“ abzuschaffen – die können weiterhin „Grüßaugust“ spielen, das ist das, was sie wirklich gut können. Dass man die hoheitlichen Aufgaben in Gebietsgemeinden erledigt, das ist Ihr Vorschlag ge­wesen. Schauen Sie nach in der Verfassungsgeschichte! Der Hauptwunsch der SPÖ seinerzeit bei der Verfassungsdebatte 1920 war die Schaffung einer Gebietsgemeinde. Sie steht bis heute in der Bundesverfassung, im Artikel 120, aber sie ist totes Recht. Daher sage ich: Beleben Sie es! Heute würde das ein modernes System der Kommu­nalverwaltung ermöglichen, die Gebietsgemeinde, um Verwaltungskosten einzusparen. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe mir die Mühe gemacht – Sie können das nachvollziehen – und habe einmal herausgesucht, was eine durchschnittliche Bezirkshauptstadt in Österreich für Behör­den hat. Ich habe zum Beispiel Amstetten herausgenommen.

Es gibt in Amstetten – jeder Bürger kann das im Telefonbuch nachprüfen – insgesamt 19 Behörden, entweder hoheitlich oder ausgelagert, 19 Behörden und Verwaltungsein­richtungen inklusive des Stadtamtes plus BFI, plus Volkshochschule, plus Gericht, da kommen wir auf über 20, zwei Spitäler, die getrennt verwaltet werden – allein in Am­stetten! –, 22 Schulen, die alle getrennt verwaltet werden; davon sind drei aus dem Be­reich der Bundesgesetzgebungskompetenz, und der Rest von insgesamt 19 ist aus dem Bereich der Landesgesetzgebungskompetenz.

 


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