Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 51

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Als erste Rednerin gelangt Frau Abgeordnete Mag. Schatz mit der vereinbarten Rede­zeit von 6 Minuten zu Wort. – Bitte.

 


11.36.55

Abgeordnete Mag. Birgit Schatz (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Lohnverhandlungen der Sozialpartner laufen. Wir Grüne wollen einen gesetzlich garantierten Mindestlohn: gesetzlich garantiert 1 300 € brutto (Zwischenrufe bei der ÖVP), das entspricht in etwa 1 000 € netto, für einen Vollzeitjob.

Meine Damen und Herren, Sie wissen, wir Grüne bringen solche Anträge für existenz­sichernde Mindestlöhne immer und immer wieder ein – und mit der gleichen Regelmäßigkeit lehnen Sie von SPÖ und ÖVP diese wichtigen Anträge ab.

Ich werde also heute, bei diesem neuerlichen Anlauf, nicht wieder aufzählen und nicht wieder erklären, in wie vielen europäischen Ländern ein gesetzlicher Mindestlohn bereits erfolgreich eingeführt worden ist, ich werde Ihnen nicht wieder vorrechnen, in welcher Höhe ein wirklich existenzsichernder Mindestlohn angesiedelt sein soll, und ich werde Ihnen nicht erzählen, wie die Vermögen und Unternehmensgewinne in den letzten Jahren konstant gestiegen sind – bis auf die Krise – und die Einkommen vor allem im unteren Bereich an Wert sogar verloren haben. Ich werde Ihnen das alles nicht zum „zigten“ Mal erklären (Abg. Großruck: Das haben Sie ja gerade getan!), weil Sie offensichtlich für diese sachlichen Argumente nicht zugänglich sind, auch wenn das sehr, sehr bedauerlich ist.

Ich möchte es deshalb heute einmal ganz anders versuchen. Ich möchte es ganz anders versuchen und frage Sie: Sind wir uns hier im Hause darüber einig, dass jemand, der Tag für Tag arbeitet, davon auch leben können soll? Sind wir uns darüber einig? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Pirklhuber: Jawohl!)

Meine Damen und Herren! Ich persönlich bin mir absolut sicher, die Österreicherinnen und Österreicher wollen das. Sie wollen, dass jemand, der Vollzeit arbeitet, damit ein Leben finanziell unabhängig führen kann. Schauen Sie sich entsprechende Umfragen an! Reden Sie mit den Menschen, reden Sie mit den Leuten auf der Straße! Die sagen: 1 300 € brutto, 1 000 € netto? Das ist aber nicht viel! – Die wissen, wie viel das Leben kostet, selbst wenn man sehr sparsam ist. 1 000 € netto, das ist schon das absolut Mindeste, darunter geht es einfach nicht! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Wir haben einen gesellschaftlichen Konsens darüber, dass wir höhere Mindestlöhne brauchen. Die Frage ist nur: Haben wir diesen Konsens auch hier im Haus? Meine Damen und Herren, das ist wirklich die zentrale Frage!

Die SPÖ und die ÖVP haben es sich bis jetzt ja immer einfach machen können, sie haben gesagt: Nein, gesetzlich wollen wir diesen Mindestlohn nicht! Das ist die Sache der Sozialpartner; gesetzlich wollen wir das nicht. – Damit wird der Antrag abgelehnt.

Die Sache ist natürlich die: Die Sozialpartner haben es in den letzten Jahren eben nicht geschafft, für existenzsichernde Mindestlöhne zu sorgen. Beschäftigte im Handel, im Gastgewerbe, KindergartenhelferInnen, FrisörInnen verdienen heute unter 1 300 € brutto. Mit einem gesetzlichen Mindestlohn, wie wir Grüne ihn wollen, könnte man das ganz schnell ändern.

Meine Damen und Herren, ich nehme zur Kenntnis, Sie sind offensichtlich noch nicht bereit für diesen Mindestlohn. Ich frage Sie aber noch einmal: Sind wir uns einig, dass man von Vollzeitarbeit zumindest ohne Not leben können muss?

Meine Damen und Herren! Viele Angehörige Ihrer Parteien ÖVP und SPÖ, Gewerk­schafter und Gewerkschafterinnen auf beiden Seiten, Frauenpolitikerinnen und die


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