Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 304

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unbestrittener Ermittlungsergebnisse ins Auge sprang (und seitens der für staats­anwaltliche Belange nicht zuständigen Evaluierungskommission auch wiederholt mündlich wie schriftlich angesprochen wurde), die weiteren Ermittlungsbedarf zu einem unmittelbar beteiligten Entführungskomplizen unterstrich (dazu Näheres unten).

Dies alles wurde den führenden staatsanwaltschaftlichen Vertretern in der oben erwähnten Besprechung am 30. April 2008 nahe gebracht, die dann entgegen dem dort erzielten Einvernehmen dem Bundesministerium für Justiz einen negativen Vor­habensbericht in Richtung Verfahrensfinalisierung erstatteten. Es bedurfte an­schließen­der Interventionen bis hin zur Inanspruchnahme der Hilfe der Bundes­ministerinnen für Inneres und für Justiz, um die Oberstaatsanwaltschaft Wien und die Staatsanwaltschaft Wien schließlich im Herbst 2008 zum Überdenken ihres negativen Berichtsvorhabens zu bewegen. Das Ergebnis einer letztlich am 8. Oktober 2008 erwirkten Sitzung im Bundesministerium für Inneres, an der auf justizieller Seite Vertreter der Oberstaatsanwaltschaft Wien und der Staatanwaltschaft Wien teilnah­men, war ein nach Lage des Falles (insbesondere mit Blick auf einen umfassenden polizeilichen Zwischenbericht vom 22. Oktober 2008 mit detailliert konkretisierten Verdachtsaspekten) denkbar vage gehaltenes, mit 7. November 2008 datiertes Schreiben der Staatsanwaltschaft Wien mit dem an das Bundeskriminalamt gerich­teten Auftrag, „im Rahmen von zweckdienlichen Erkundigungen“ bei vier namentlich genannten Personen „abzuklären, ob Verdachtsmomente in Richtung § 207a StGB konkretisiert werden können“.

Am 12. Dezember 2008 verfügte die Bundesministerin für Inneres eine Weiterführung der Evaluierungskommission mit dem Ziel einer interdisziplinären begleitenden Unterstützung der Kriminalpolizei, im Besonderen auch der Evaluierung allfälliger weiterer Vorwürfe im Zusammenhang mit der bisherigen Bearbeitung des „Falles Kampusch“ wie auch weiterführender Ermittlungen jedweder Art. Auch die Folge­erfahrungen zeigten, dass die gebotene sachgerechte kriminalpolizeiliche Ausschöp­fung der verfügbaren Ermittlungsansätze keinen größeren Widerstand zu überwinden hatte, als die beharrliche Weigerung der staatsanwaltschaftlichen Verantwortung in beiden Instanzen, die zur Beteiligung eines Entführungskomplizen insgesamt er­drückende Beweislage zur Kenntnis zu nehmen und insoweit zwangsläufig die Opferangaben kritisch zu hinterfragen. In diesem Zusammenhang scheute man sich nicht, die Öffentlichkeit (teils krass) wahrheitswidrig zu informieren (dazu unten 4.).

b) Sachlich nicht nachvollziehbare Alleinorientierung an den Angaben der Natascha Kampusch zum Tathergang am 2. März 1998

Was den Angaben der Natascha Kampusch zur Frage eines von Wolfgang Priklopil verschiedenen Fahrzeuglenkers zu entnehmen ist, widerspricht der Darstellung der Zeugin AKCAN. Der von Kampusch bekundete Ablauf ihrer Entführung am 2. März 1998 stellt sich so dar, dass sie in (heckseitiger) Annäherung an das Tatfahrzeug bereits aus einiger Entfernung rechts neben dem nachmaligen Tatfahrzeug am Gehsteig einen Mann wahrgenommen, dabei ein „ungutes Gefühl“ gehabt und daher zunächst beabsichtigt hätte, die Straßenseite zu wechseln. Davon hätte sie jedoch letztlich Abstand genommen, sei dann auf Fahrzeughöhe von dem Täter erfasst und in das Fahrzeug gezerrt worden. Der Täter sei dann auf den Fahrersitz geklettert und mit ihr in der Folge längere Zeit in der Umgebung des Tatorts umhergefahren.

Die Frage nach Komplizen des Täters beantwortete Kampusch zunächst anlässlich eines informellen Gesprächs mit ihrer polizeilichen Erstbetreuerin am 23. August 2006 (damals allerdings noch ohne konkrete Bezugnahme auf einen Fahrzeuglenker) mit „Ich weiß keine Namen“, zu späteren Befragungsanlässen zunächst dahin, dass sie außer Wolfgang Priklopil keine weitere Person im Tatfahrzeug wahrgenommen habe,


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