Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll81. Sitzung / Seite 312

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gerem Detail, ob nämlich mit dem Zusteigen des Priklopil in seinen PKW auch ein Umladen von Gegenständen verbunden gewesen wäre, beantwortete er demgegen­über damit, er könne sich an einen derartigen Vorgang nicht erinnern. Zuletzt brachte er am 13. November 2009 vor, den Schlüsselanhänger von Priklopil als per­sönliches Erinnerungsstück geschenkt erhalten zu haben.

Ad 3.): Langfristige staatsanwaltschaftliche Behinderung des Innenressorts bei der ressortinternen Fachaufsicht und Evaluierung der sicherheitsbehördlichen Fallbehandlung

Natascha Kampusch wurde, durchwegs polizeilich, am 24., 30. und 31. August 2006, ferner am 2., 3., 7. und 15. September 2006 vernommen, wobei die Vernehmungs­niederschriften aus Opferschutzinteressen ab dem 30. August 2006 jeweils nur einfach im Original ausgefertigt und unverzüglich unter justiziellen Verschluss genommen wurden. Anlass für diese damals nachvollziehbare und sachlich auch zu recht­fertigende Maßnahme war die nicht unbegründete Sorge vor unbefugtem medialem Zugriff auf sensible Aussagepassagen und denkbarer, damit verbundener Verlet­zungen der Intimsphäre des Entführungsopfers.

Die evaluierungsessenzielle Prüfung der Frage, ob kriminalpolizeilich sämtliche verfüg­baren Ermittlungsansätze sachdienlich erfasst und behandelt wurden, setzt zwangsläufig auch eine umfassende Kenntnis der polizeilichen Niederschriften mit Natascha Kampusch voraus. Es bedurfte mehr als einjähriger Bemühungen und letztlich der Abhilfe durch die aktuelle Bundesministerin für Justiz, bis schließlich Ende Juli 2009 (wenn auch unter schikanösen Rahmenbedingungen) zwei Beamten des Bundeskriminalamtes (Oberst Kröll und Chefinspektor Linzer) eine entsprechende Einsichtnahme gewährt wurde, wobei die Beamten lediglich Notizen machen, keine Kopien anfertigen und während der Einsicht auch kein Handy benützen durften. Den eingesehenen Niederschriften war unter anderem auch zu entnehmen, dass Natascha Kampusch während der Zeit ihrer Abgängigkeit nicht nur zahlreiche und vielfältige Möglichkeiten, auf sich aufmerksam zu machen, ungenützt ließ, sondern dazu auch optimal geeignete Zwischenfälle, wie zum Beispiel die bereits vorerwähnte polizeiliche Verkehrskontrolle, der sie als Beifahrerin des Fahrzeuglenkers Wolfgang Priklopil beiwohnte.

Ad 4.): Mediale Verbreitung krass wahrheitswidriger Informationen:

Die ab Herbst 2008 zur weiteren Fallbearbeitung eingesetzte operative Sonder­kommission des Bundeskriminalamtes erstattete der Staatsanwaltschaft Wien zum Ermittlungsfortgang in der Zeit vom 4. Februar 2009 bis 14. Juli 2009 insgesamt sechs Zwischenberichte, denen insbesondere die Ergebnisse der Befragungen von insgesamt 102 Personen und zwei Zeugenvernehmungen zugrunde lagen (dazu der von Oberst Kröll verfasste Bericht Beilage 3). Obwohl diesen kriminal­polizeilichen Berichten wiederholt weiterer ermittlungsstrategischer Handlungsbedarf zu entnehmen war, unterblieb dazu seitens der im Ermittlungsverfahren leitungs­befugten Staatsanwaltschaft Wien jedweder Rückkontakt beziehungsweise jed­wede Reaktion.

Dessenungeachtet verstieg sich der damalige Mediensprecher dieser Behörde, Staatsanwalt Dr. Gerhard Jarosch, in sommerlichen Zeitungsinterviews zu den die Realität krass verkehrenden Behauptungen, „dass die Kriminalisten in acht Mona­ten nur eine einzige Einvernahme durchgeführt haben, was nicht eben viel“ sei (Tageszeitung „Kurier“) beziehungsweise „Wir hatten der SOKO schon im Novem­ber 2008 den Auftrag gegeben, vier Personen einzuvernehmen – eine wurde davon tatsächlich befragt“ (Tageszeitung „Heute“). In Wahrheit mussten die Oberstaats­anwalt­schaft Wien und die Staatsanwaltschaft Wien im vorangegangenen Jahr


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