Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll88. Sitzung / Seite 112

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Im Bericht der Evaluierungskommission zum Analysebericht samt relevant erschei­nenden Fragestellungen und Anlagen vom 9. Juni 2008 ist Folgendes festgehalten:

Das von Wolfgang P. verwendete Mobiltelefon sei offenbar bereits unmittelbar nach der Flucht der Natascha Kampusch und dem Selbstmord des Wolfgang P. einer Aus­wertung und Analyse unterzogen worden. Ein entsprechender Analysebericht mit einem Chart als Anfang vom 20.9.2006 sei im Handaktordner Telefonauswertung, Ordner 153, vorgefunden worden. Hingegen hätten eine Analyse beziehungsweise Aus­wer­tungen zum Festnetzanschluss der Waltraud P. in Straßhof und zu den von Ernst H. verwendeten Mobiltelefonen nicht vorgefunden werden können.

Am 5.5.2008 habe nach Einvernehmen mit den Mitgliedern der Evaluierungs­kom­mission bei der Staatsanwaltschaft Wien ein informelles Gespräch zwischen den Mit­gliedern des Assistenzteams der Evaluierungskommission und Herrn Staatsanwalt Mag. Kronawetter stattgefunden. Unter anderem sei bei diesem Gespräch dem Staatsanwalt über die bei Sichtung der Akten hervorgekommenen Auffälligkeiten der Telekommunikation des Ernst H. und die offensichtlich fehlenden Analysen berichtet worden. Staatsanwalt Mag. Kronawetter habe ersucht, eine Auswertung einer Analyse der nach Ansicht der Evaluierungskommission relevanten Telekommunikation des Ernst H. zu veranlassen und einen entsprechenden Bericht umgehend zu übermitteln.

Dieser Analysebericht wurde dem Staatsanwalt am 9. Juni 2008 übergeben. Es ist anzunehmen, dass sich die von Dr. Rzeszut kritisierte angebliche Unterlassung einer Analyse der Rufdaten auf die erst im Mai 2008 vorgenommene Analyse der Rufdaten der Telefone von Ernst H. bezieht und somit moniert wird, dass diese Analyse im Vergleich zur Auswertung des Mobiltelefons von Wolfgang P. erst verspätet erfolgt sei.

Zu den in der Anfrage des Abgeordneten Werner Neubauer aufgelisteten Anrufen zum Telefonanschluss des Wolfgang P. am Tag der Flucht der Natascha Kampusch beziehungsweise zu den in diesem Zusammenhang von der Staatsanwaltschaft Wien allenfalls getroffenen Veranlassungen liegen dem Justizministerium keine Infor­mationen vor. Diese Telefonkontakte am Tag der Flucht von Natascha Kampusch wurden, soweit in der Kürze anhand der im ELAK einliegenden Unterlagen über­prüfbar, weder im Abschlussbericht der Evaluierungskommission vom 9. Juni 2008 noch in den staatsanwaltschaftlichen Berichten ausdrücklich thematisiert.

Im Bericht der Staatsanwaltschaft Wien vom 11. Juli 2008 wird zum Analysebericht der Rufdatenrückerfassung der Anschlüsse des Wolfgang P., Ing. Ernst H. und anderer vom 9. Jun 2008 lediglich ausgeführt, dass eine Verdachtslage gegen Ing. Ernst H., Elisabeth G. oder Peter B. nicht zu erkennen sei, zumal die Ergebnisse der Analyse im Zusammenhalt mit sämtlichen anderen Erhebungsergebnissen und Spurenaus­wertun­gen zu sehen seien.

Auf die Anrufe auf das Telefon des Wolfgang P. am Tag der Flucht von Natascha Kampusch wird im Bericht der Staatsanwaltschaft nicht eingegangen.

Festzuhalten ist somit, dass nach derzeitigem Informationsstand des BMJ eine Aus­wertung beziehungsweise Analyse der Rufdaten sowohl des Mobiltelefons von Wolfgang P. als auch der Telefone von Ernst H. erfolgte.

Die in der Sachverhaltsdarstellung vom 29. September 2010 implizit auch gegen die oberste Ebene des Justizressorts erhobenen Vorwürfe im Zusammenhang mit der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungstätigkeit in der Causa Kampusch sind, wie bereits erwähnt, Gegenstand eines derzeit bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck anhängigen Ermittlungsverfahrens, nachdem die Generalprokuratur das zunächst bei der Korrup­tionsstaatsanwaltschaft anhängige Verfahren am 14. Oktober 2010 gemäß § 28a Abs. 3 StPO an die Staatsanwaltschaft Innsbruck delegiert hat.

 


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