Nationalrat, XXIV.GPStenographisches Protokoll93. Sitzung / Seite 207

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ner­pult und sagt: Naja, man kann da über vieles diskutieren, aber erstens einmal gibt es im 21. Jahrhundert ohnehin keine Diskriminierung, und zweitens muss Leistung sich lohnen, also beim Gehalt zählt dann die Leistung.

Was er nicht so deutlich hinzugefügt hat, aber was nur in diesem Kontext einen Sinn macht, ist: Wenn die Leistung zwischen Männern und Frauen eben unterschiedlich ist, dann muss auch unterschiedlich bezahlt werden.

Ich bin fassungslos, dass man das angesichts einer Diskussion über Gleichbe­hand­lung hier in diesem Haus noch vom Rednerpult aus hören kann, noch dazu von jeman­dem, der sagt, er ist im 21. Jahrhundert angekommen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Kollege Obernosterer, Sie sind noch nicht einmal im 20. Jahrhundert ange­kom­men! – Das ist das Erste.

Das Zweite: Ich möchte Frau Kollegin Schittenhelm – ich sehe sie jetzt gerade nicht (Abg. Schittenhelm gibt zwischen den Bankreihen stehend ein Handzeichen) – danke – einerseits dringend in dem, was sie gesagt hat, unterstützen, aber anderer­seits nicht nur darum bitten, auf den Kollegen Obernosterer etwas mäßigend einzu­wirken, sondern auch noch einmal das aufnehmen, was sie uns gesagt hat. Das gibt mir zu denken. Nämlich: Es gibt eigentlich niemanden – so habe ich bis jetzt gehört, außer vielleicht den Kollegen Obernosterer –, der sagt, diese Strafe, die es für Arbeit­nehmer gibt, sei gerechtfertigt. Es gibt nur die Wirtschaft, die Wirtschaft ist dafür.

Ja, bitte: Wer ist die Wirtschaft? (Abg. Schittenhelm: Die Sozialpartner!) Die Wirt­schaft sind auch diejenigen, die uns diese unterschiedlichen Löhne und Einkommen beschert haben. Die haben ja ganz offensichtlich ein Interesse daran, zumindest ein Teil. Wenn es nicht die Wirtschaft ist, dann reduzieren wir es auf bestimmte Männer in der Wirtschaft. Sei’s drum, egal. Die Einkommensunterschiede, die es gibt, sind jeden­falls nicht vom Himmel gefallen, sondern sie sind Resultat konkreter Machtpolitik am Arbeitsplatz.

Wenn man dagegen etwas tun will, meine sehr geehrten Damen und Herren und werte Kolleginnen und Kollegen, dann sicher nicht, indem man nicht darüber redet, indem man das Reden darüber verbietet. Denn eines ist doch wohl klar: Wenn dieser Einkommensbericht überhaupt wirksam ist – was wir ja noch nicht wissen, was aber auch kein Kriterium ist, ihn abzulehnen, keine Frage –, wenn dieser Einkom­mens­bericht Wirkung zeigen kann, dann doch nur, indem öffentlich darüber gesprochen wird, indem Einkommensunterschiede – egal ob im Betrieb oder außerhalb des Betrie­bes – auch unter Umständen öffentlich gemacht werden, und sicher nicht, indem nicht oder nur in einem geordneten Rahmen darüber geredet werden darf, wo der Arbeit­nehmer/die Arbeitnehmerin mit dem Betriebsrat darüber reden darf und diesem das anvertrauen darf, dass er/sie sich eingeschränkt oder sozusagen im Einkommen benachteiligt fühlt.

Eines ist mit Sicherheit klar, nämlich dass viele der Punkte, die Sie hier versucht haben, im Prinzip gut sind. Aber es kann manchmal trotzdem das Gegenteil von gut herauskommen, und das ist dann gut gemeint. Da haben Sie sich vergaloppiert. Eine Strafandrohung für Arbeitnehmerinnen/Arbeitnehmer beziehungsweise für Personen, die über den Einkommensbericht reden, ist wirklich das absolut Kontraproduktivste, was hier passieren kann. Damit machen Sie die Wirkung des Einkommensberichtes, der ohnehin jetzt einmal nur auf eine bestimmte Gruppe beschränkt bleibt, zunichte.

Ich würde Ihnen dringend abraten, dass Sie bei Ihrer Meinung bleiben – egal, ob es die Meinung der Frau Kollegin Schittenhelm ist oder die von SPÖ-Abgeordneten, die das


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